Cladribin bei MS auch in fortgeschrittenem Stadium?

Original Titel:
Cladribine tablets as therapy for advanced relapsing-remitting multiple sclerosis: a 4-year follow-up real-world, multi-center, retrospective, cohort study

Kurz & fundiert

  • Cladribin bei MS auch in fortgeschrittenem Stadium?
  • Retrospektive Beobachtungsstudie mit 230 Patienten
  • Gute Wirksamkeit und Sicherheit für 3 von 4 Patienten über 3 Jahre

 

MedWiss Eine polnische retrospektive Beobachtungsstudie mit 230 Patienten deutet auf eine gute Wirksamkeit und Sicherheit von Cladribin auch bei fortgeschrittener Multipler Sklerose nach mehreren vorhergehenden krankheitsmodifizierenden Behandlungen.


Cladribin-Tabletten stellen eine hochwirksame krankheitsmodifizierende Therapie für Multiple Sklerose (MS) dar. Sie werden speziell bei schubförmig-remittierender MS und besonders in frühen Erkrankungsstadien eingesetzt. Die vorliegende Studie untersuchte in Polen die langfristige Wirksamkeit von Cladribin-Tabletten bei Patienten mit schubförmiger MS in weiter fortgeschrittenem Stadium.

Cladribin bei MS auch in fortgeschrittenem Stadium?

Die Beobachtungsstudie wurde retrospektiv mit Patienten durchgeführt, die eine Behandlung mit Cladribin zwischen Dezember 2019 und November 2023 begannen. Die Autoren erfassten vorherige Behandlungen, die jährliche Schubrate, Krankheitsaktivität im bildgebenden Verfahren MRT (Magnetresonanztomographie), Behinderungsgrad (Expanded Disability Status Scale, EDSS), ob kein Hinweis auf aktuelle Krankheitsaktivität vorlag (no evidence of disease activity, NEDA-3), die Lymphozytenzahl sowie die Sicherheit der Behandlung.

Retrospektive Beobachtungsstudie mit 230 Patienten

Die Studie schloss initial 230 Patienten ein, von denen 8,3 % behandlungsnaiv waren. 69,2 % hatten 1 – 2 vorherige krankheitsmodifizierende Therapien erhalten, 22,6 % waren mit 3 oder mehr Therapien vorbehandelt. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer betrug zu Beginn der Untersuchung 9,2 Jahre. Nachbeobachtungsdaten über 1 Jahr lagen für 222 Patienten vor, über 2 Jahre konnten 154 Patienten, über 3 Jahre 87 Patienten und über 4 Jahre 31 Patienten betrachtet werden.

Die durchschnittliche jährliche Schubrate sank von anfangs 1,42 auf 0,26 nach 1 Jahr, 0,22 nach 2 Jahren und 0,36 nach 3 Jahren. Der Anteil der rückfallfreien Patienten stieg von 13,9 % zu Beginn der Studie auf 76,8 % im 1. Nachbeobachtungsjahr, 82 % in Jahr 2 und 75,4 % in Jahr 3. In Jahr 4 wurden keine Rückfälle berichtet. Der Anteil der Patienten mit aktiven MRT-Läsionen nahm von anfänglich 90,4 % auf 36,3 % nach einem Jahr ab. Im Jahr 2 sank der Anteil weiter auf 25,2 %, stieg jedoch in Jahr 3 auf 45,9 %. In Jahr 4 mit nur noch insgesamt 31 Patienten wiesen lediglich 8,3 % aktive MRT-Läsionen auf. Der Behinderungsgrad (EDSS) blieb stabil oder verbesserte sich bei 85,9 % der Patienten im Jahr 1 der Behandlung, bei 80,8 % im Jahr 2, 73,7 % im Jahr 3 und 88,9 % im Jahr 4. Den NEDA-3-Status erreichte die Hälfte der Patienten (47,4 %) im Jahr 1 ebenswo wie im Jahr 2 (51,0 %). Im Jahr 3 wurde bei 40,4 % der Patienten NEDA-3 festgestellt, im Jahr 4 bei 71,4 % der restlichen Patienten in der Nachbeobachtung. Unerwünschte Ereignisse traten bei 16,7 % der Patienten in den Jahren 1 – 2 auf sowie bei 6,3 % in Jahr 3.

Gute Wirksamkeit und Sicherheit für 3 von 4 Patienten über 3 Jahre

Die Studienergebnisse deuten auf eine gute Wirksamkeit bei guter Sicherheit von Cladribin auch bei fortgeschrittener MS-Erkrankung nach mehreren vorhergehenden krankheitsmodifizierenden Behandlungen.

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