Gehirnalterung bei Männern und Frauen kein Grund für Unterschiede in Alzheimerdiagnosen
Original Titel:
Sex differences in healthy brain aging are unlikely to explain higher Alzheimer's disease prevalence in women
- Kann strukturelle Gehirnalterung häufigere Alzheimer-Diagnosen bei Frauen erklären?
- Längsschnitt-Untersuchungen von Gehirnvolumen bei fast 5 000 Menschen
- Stärkerer Abbau mit zunehmendem Alter bei Männern als bei Frauen
- Bei Männern mehr Gehirnregionen betroffen als bei Frauen
- Geschlechtsabhängige Gehirnalterung nicht in Übereinstimmung mit häufigeren Alzheimer-Diagnosen bei Frauen
MedWiss – Ein höheres Alter ist der wichtigste Risikofaktor für die Alzheimerkrankheit. Allerdings erhalten mehr Frauen als Männer diese Diagnose. Der Alterungsprozess des Gehirns, zeigte eine Längsschnitt-Studie über fast 5 000 Personen nun, weist systematische, wenn auch moderate, strukturelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf. Diese boten jedoch, so das Fazit, keine Erklärung für die häufigere Alzheimerdiagnose bei Frauen.
Die Diagnose einer Alzheimerkrankheit wird häufiger bei Frauen als bei Männern gestellt. Warum dies so ist, ist eine der zentralen Fragen in der Alzheimerforschung. Ein höheres Alter ist der wichtigste Risikofaktor für die Alzheimerkrankheit. Ob sich der Alterungsprozess des Gehirns bei Männern und Frauen unterscheidet und die unterschiedliche Häufigkeit der Alzheimer-Diagnosen je nach Geschlecht erklären könnte, ist jedoch unklar. Dies untersuchte nun eine Studie.
Kann strukturelle Gehirnalterung häufigere Alzheimer-Diagnosen bei Frauen erklären?
Die Studie nutzte Längsschnitt-Untersuchungen, in denen das Gehirn erwachsener Teilnehmer mit Hilfe bildgebender Verfahren (Magnetresonanztomographie, MRT) mit mindestens zwei Scans je Person untersucht wurde. In der Analyse verglichen die Autoren Geschlechtsunterschiede in strukturellen Veränderungen der Gehirne im Zeitverlauf.
Längsschnitt-Untersuchungen von Gehirnvolumen bei fast 5 000 Menschen
Die Analyse umfasste 12 638 Gehirn-Längsschnittaufnahmen mittels MRT von 4 726 Personen. Dies schloss 2 181 Männer und 2 545 Frauen, alle ohne kognitive Beeinträchtigung, aus 14 Kohorten ein. Im Mittel lagen 3,3 Jahre (+/- 2,4 Jahre) zwischen den (mindestens) 2 Scans jedes Teilnehmers. In 20 % der betrachteten Parameter zeigte sich ein stärkerer Abbau mit zunehmendem Alter bei Männern als bei Frauen (p < 0,05). Dies schloss die Gesamthirnmasse, Masse jeweils der grauen und weißen Substanz sowie alle Hirnlappen-Volumen ein.
Männer wiesen eine größere Abnahme des Volumens des Okzipitallappens auf sowie der Oberflächen der fusiformen und postzentralen Areale. Bei Frauen nahm das Volumen des Frontallappens stärker ab sowie die Oberfläche des superioren temporalen Sulcus. Im postzentralen Cortex zeigte sich der größte Unterschied: Männer verloren hier jährlich -0,2 % (von 8 279,55 mm2 auf 8 116 mm2), während Frauen -0,12 % jährlich verloren (von 8 076 mm2 auf 7 982 mm2).
Altersabhängig zeichneten sich speziell Effekte auf subkortikales Volumen und die Oberfläche des rostralen anterioren Cingulum. Bei älteren Erwachsenen wurde eine stärkere Abnahme bei Männern im Caudatus, Nucleus accumbens, Putamen und Pallidum festgestellt. Bei Frauen erhöhte sich hingegen das Volumen des Globus pallidum mit der Zeit, zudem wurde bei Frauen eine größere Ausdehnung der Ventrikel im Zeitverlauf festgestellt. Das Volumen des Hippocampus änderte sich nicht geschlechtsabhängig.
Stärkere Gehirnalterung bei Männern, keine Erklärung für häufigeres Alzheimer bei Frauen
Demnach bestehen moderate, aber systematische Geschlechtsunterschiede in der altersabhängigen Abnahme des Gehirnvolumens und Oberflächen von Gehirnarealen. Bei Männern zeigten sich Verluste in mehr Gehirnregionen als bei Frauen, die zudem weniger Effekte in der Gehirnrinde (Cortex) aufwiesen, aber stärkere Vergrößerungen der Ventrikel. Dies entspricht, so das Fazit, einer stärkeren Gehirnalterung bei Männern im Vergleich zu Frauen. Die Autoren schließen, dass die höhere Prävalenz der Alzheimerkrankheit bei Frauen eher nicht auf altersabhängige, strukturelle Gehirnveränderungen zurückzuführen ist, die sich zwischen Männern und Frauen unterscheiden.
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