Ältere Patienten in der Alltagspraxis: Langzeit-Rheumatherapie mit Tocilizumab
Original Titel:
Long-term management of elderly patients with rheumatoid arthritis treated with tocilizumab: comparison of patients over and under 75 years old
- Behandlung von rheumatoider Arthritis mit Tocilizumab – auch sicher bei Älteren?
- Langzeitdaten aus der Alltagspraxis: Prospektive Kohortenstudie mit 4 290 Patienten
- Vergleichbar lange Erhaltungstherapiedauer bei Patienten unter oder ab 75 Jahren
- Keine neuen Sicherheitssignale
MedWiss – Eine große, landesweite Analyse über 4 290 französische Patienten mit rheumatoider Arthritis fand eine vergleichbar lang dauernde Erhaltungstherapie mit Tocilizumab bei Patienten unter 75 Jahren und ab 75 Jahren. Es traten keine neuen Sicherheitssignale bei älteren Patienten auf.
Zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) gibt es mittlerweile eine große Bandbreite an Wirkstoffen. Speziell zur Behandlung älterer Patienten liegen häufig aber nur begrenzt Studiendaten vor. Wissenschaftler analysierten nun Langzeitdaten aus der Alltagspraxis (Real-World im Gegensatz zu klinischen Studien) zur Behandlung von RA mit Tocilizumab.
Behandlung von rheumatoider Arthritis mit Tocilizumab – auch sicher bei Älteren?
Die Studie betrachtete Patienten im Alter von unter und ab 75 Jahren, deren Daten aus einer nationalen medizinischen Datenbank in Frankreich erfasst wurden. Die Patienten mit RA-Diagnose erhielten eine erste Behandlung mit Tocilizumab zwischen Januar 2015 und Ende 2016. Die Autoren extrahierten Patientendaten über 4 Jahre vor Beginn der Tocilizumab-Behandlung und bis Ende 2019.
Langzeitdaten aus der Alltagspraxis: prospektive Kohortenstudie mit 4 290 Patienten
Die Analyse umfasste Daten von 4 290 Patienten im durchschnittlichen Alter von 57 Jahren (+/- 14 Jahre), davon 77,4 % Frauen. Die Mehrzahl der Patienten waren jünger als 75 Jahre (n = 3 888; 90,6 %), 9,4 % (n= 402) waren 75 Jahre alt oder älter. Die meisten Patienten (< 75 Jahre: 83,6 %; ≥ 75 Jahre: 69,9 %) erhielten für mindestens ein Jahr vor Beginn der Tocilizumab-Therapie eine krankheitsmodifizerende antirheumatische Medikation. Subkutanes Tocilizumab kam zum Therapiebeginn bei 48,5 % der Patienten ab 75 Jahren zum Einsatz, im Vergleich zu 58,1 % der Patienten unter 75 Jahren. Bei 66,2 % der älteren Patienten wurde Tocilizumab in Monotherapie gegeben, im Vergleich zu 51,2 % der Patienten unter 75 Jahren. Ergänzende Kortikosteroide wurden bei 83,3 % der älteren Patienten versus bei 76,1 % der Patienten unter 75 Jahren angewandt. Die durchschnittliche Dauer der Erhaltungstherapie mit Tocilizumab war in beiden Gruppen ähnlich: < 75 Jahre: 17,9 Monate (95 % Konfidenzintervall, KI: 16,6 – 19,5), ≥ 75 Jahre: 14,9 Monate (95 % KI: 11,6 – 18,6).
In der Nachbeobachtung kam es bei Patienten ab 75 Jahren häufiger zu schweren und opportunistischen Infektionen als bei Patienten unter 75 Jahren. Auch das Risiko für akute kardiovaskuläre Ereignisse, hämatologische Komplikationen oder Todesfälle war bei älteren Patienten höher als bei jüngeren:
- Schwere und opportunistische Infektionen: 17,7 vs. 6,9 Ereignisse pro 100 Patientenjahre; Hazard Ratio, HR: 1,80; 95 % KI: 1,53 – 2,13
- Akute kardiovaskuläre Ereignisse: 5,6 vs. 1,4 Ereignisse pro 100 Patientenjahre; HR: 2,13; 95 % KI: 1,60 – 2,83
- Hämatologische Komplikationen: 2,0 vs. ≤ 1,0 Ereignisse pro 100 Patientenjahre; HR: 1,88; 95 % KI: 1,22 – 2,91
- Todesfälle: 4,7 vs. ≤ 1,0 Ereignisse pro 100 Patientenjahre; HR: 3,71; 95 % KI: 2,64 – 5,21
Die Analyse fand hingegen keine Unterschiede im Risiko für Hepatitis, Krebserkrankungen, allergische Reaktion und gastrointestinale Perforationen zwischen den Altersgruppen.
Vergleichbar lange Erhaltungstherapiedauer, keine neuen Sicherheitssignale bei Patienten unter oder ab 75 Jahren
Die Autoren schließen, dass die Behandlung mit Tocilizumab bei RA auch für ältere Patienten ab 75 Jahren sicher erscheint. Speziell erreichten die älteren Patienten eine vergleichbar lange Erhaltungstherapiedauer wie Patienten unter 75 Jahren. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale bei älteren Patienten festgestellt.
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