Progestagene gegen Endometriose-Schmerzen
Original Titel:
Progestagens for pain symptoms associated with endometriosis
- Lindern Progestagene Endometriose-Schmerzen?
- Systematischer Review mit Metaanalyse über 33 Studien mit 5 059 Patientinnen
- Oral: Reduktion von Schmerzen und Dysmenorrhö vs. Placebo; ähnlich wirksam wie GnRH-Agonisten, aber mehr Nebenwirkungen
- Depot: Geringeres Dysmenorrhö-Risiko vs. GnRH-Agonisten, weniger Nebenwirkungen
- Fazit: Progestagene wirken, aber bislang nur begrenzte Evidenz zu Vergleichstherapien
MedWiss – Lindern Progestagene Endometriose-Schmerzen? Dies untersuchte ein systematischer Review mit Metaanalyse über 33 Studien mit 5 059 Patientinnen. Demnach reduzieren Progestagene Schmerzen und Dysmenorrhö bei Endometriose, doch der Vergleich mit anderen Therapien bleibt unklar und benötigt weitere Studien.
Endometriose ist eine hormonsensitive entzündliche Erkrankung, die nach aktuellen Schätzungen zwischen 5 % und 10 % der Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter betrifft. Patientinnen leiden meist unter stark beeinträchtigenden Unterbauchschmerzen.
Progesteron, ein Gestagen (auch als Gelbkörperhormon bezeichnet), ist ein wichtiges Sexualhormon, das unter anderem das Wachstum der der Gebärmutterschleimhaut anregt. Progestagene sind vom Progesteron abgeleitete synthetische Gestagen-artige Substanzen (Gestagen-Analoga). Sie können auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden und können auch zu einer Rückbildung von Endometrium-Gewebe beitragen – damit sind sie auch zur Behandlung der Endometriose relevant.
Lindern Progestagene Endometriose-Schmerzen?
Welche Vorteile und Risiken mit einer Behandlung mit Progestagenen bei Endometriose-Schmerzen assoziiert sind, untersuchten Wissenschaftler nun in einem systematischen Review mit Metaanalyse. Die Recherche erfasste randomisiert-kontrollierte Studien aus den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, Medline, Embase und PsycINFO mit Veröffentlichung bis 29. Oktober 2024.
Die Autoren berücksichtigten Studien, in denen Progestagene zur Behandlung symptomatischer Endometriose mit einem Placebo, anderen Medikationen oder anders dosierten Progestagenen verglichen wurden. Primär untersuchte Behandlungsergebnisse waren Endometriose-assoziierte Schmerzsymptome allgemein, Unterbauchschmerzen und Dysmenorrhö. Sekundär analyiserte die Studie die Lebensqualität, Patientenzufriedenheit sowie unerwünschte Ereignisse.
Systematischer Review mit Metaanalyse: 33 Studien, 5 059 Patientinnen
Die Metaanalyse umfasste 33 randomisiert-kontrollierte Studien mit zusammen 5 059 Patientinnen mit symptomatischer, laparoskopisch diagnostizierter Endometriose. Bei 13 Studien fand die Analyse nur ein geringes Bias-Risiko. Veränderungen der Schmerzen, der Lebensqualität sowie die Zufriedenheit der Patientinnen wurden typischerweise nach 6 Monaten erfasst.
In 8 Studien reduzierten orale Progestagene im Vergleich zu einem Placebo die allgemeinen Schmerzen (visuelle Analogskala, VAS; Mittelwertdifferenz, MD: -2,58; 95 % Konfidenzintervall, KI: -3,13 – -2.03) und senkten wahrscheinlich Dysmenorrhö nach 3 Monaten (Risk Ratio, RR: 0,21; 95 % KI: 0,07 – 0,70), hatten aber kaum Einfluss auf Unterbauchschmerzen nach 3 Monaten (RR: 0,7; 95 % KI: 0,29 – 1,69).
Insgesamt 4 Studien verglichen orale Progestagene mit oralen Kontrazeptiva und fanden kaum Einfluss auf Unterbauchschmerz, aber womöglich Besserung von Dysmenorrhö nach 12 Monaten (MD: -0,57; 95 % KI: -1,29 – 0,15), Lebensqualität und Patientenzufriedenheit.
In 10 Studien zu oralen Progestagenen versus GnRN-Agonisten (Gonadotropin-releasing hormone) konnten kaum Unterschiede in den Effekten auf die allgemeinen Schmerzen, das Risiko für Unterbauchschmerz und Dysmenorrhö festgestellt werden. Allerdings war das Risiko für Nebenwirkungen mit den oralen Progestagenen etwas höher (RR: 1,44; 95 % KI: 1,11 – 1,86).
Depot-Progestagene unterschieden sich in den untersuchten Effekten kaum messbar von GnRH-Antagonisten (1 Studie) und einem Etonogestrel-Implantat (1 Studie). Im Vergleich zu GnRH-Agonisten (2 Studien) senkten sie jedoch das Dysmenorrhö-Risiko leicht (RR: 0,93; 95 % KI: 0,89 – 0,97), mit einem wahrscheinlich geringeren Risiko für Nebenwirkungen mit den Depot-Progestagenen (RR: 0,03; 95 % KI: 0,01 – 0,11).
Progestagene wirken, aber nur begrenzte Evidenz zu Vergleichstherapien
Die Autoren schließen, dass eine Behandlung mit oralen Progestagenen bei Frauen mit Endometriose im Placebovergleich wahrscheinlich die Schmerzen insgesamt, Dysmenorrhö und Unterbauchschmerz reduziert. Im Vergleich zu anderen hormonellen Behandlungen ist die bisherige Evidenz zu Progestagenen bei Endometriose jedoch weniger klar, so das Fazit des systematischen Reviews.
© Alle Rechte: MedWiss.online