Kombination aus Ponatinib und Blinatumomab zeigt Wirksamkeit bei Philadelphia-Chromosom-positiver ALL

Original Titel:
Ponatinib and blinatumomab for Philadelphia chromosome-positive acute lymphoblastic leukaemia: a US, single-centre, single-arm, phase 2 trial

Kurz & fundiert

  • Philadelphia-Chromosom kann bei chronischer myeloischer Leukämie (CML) und akuter lymphatischer Leukämie (ALL) vorliegen
  • Phase-II-Studie: Wirksamkeit von Ponatinib plus Blinatumomab bei Philadelphia-Chromosom-positiver ALL und CML
  • Neu diagnostizierte ALL: Vollständiges molekulares Ansprechen bei 87 %
  • Refraktärere oder rezidivierte ALL: Vollständiges molekulares Ansprechen bei 79 %
  • CML: Vollständiges molekulares Ansprechen bei 33 %

 

MedWissIn einer Phase-II-Studie wurde die Wirksamkeit der Kombination aus Ponatinib plus Blinatumomab bei Philadelphia-Chromosom-positiver ALL und CML untersucht. Die Behandlung zeigte insbesondere bei neu diagnostizierter und refraktärer oder rezidivierter ALL gute Wirksamkeit. Hier wurde ein vollständiges molekulares Ansprechen bei 87 % bzw. 79 % der Patienten erreicht. Bei CML-Patienten lag die Rate des vollständigen molekularen Ansprechens bei 33 %.


Das Philadelphia-Chromosom ist ein verkürztes Chromosom, dass durch die Verlagerung von Chromosomenabschnitten entsteht. Das veränderte Chromosom sorgt dafür, dass ein ebenfalls verändertes Enzym produziert wird. Dieses Enzym, eine sogenannte Tyrosinkinase, spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation des Zellwachstums. Aufgrund der Veränderung bleibt diese Tyrosinkinase dauerhaft aktiv, was zu unkontrolliertem Zellwachstum und letztlich zur Entstehung einer Tumorzelle führen kann. Da das Philadelphia-Chromosom vorwiegend in Blutstammzellen des Knochenmarks zu finden ist, ist es mit der Entstehung von Leukämie assoziiert. Bei etwa 95 % der Fälle von chronischer myeloischer Leukämie (CML) und bei 25 – 30 % der Fälle von akuter lymphatischer Leukämie (ALL) im Erwachsenenalter liegt das Philadelphia-Chromosom vor.

Philadelphia-Chromosom: Ansatzpunkt für ALL- und CML-Therapie

Bei Patienten mit Philadelphia-Chromosom-positiver ALL sieht die Standardbehandlung eine intensive Chemotherapie in Kombination mit Medikamenten vor, die die Aktivität der Tyrosinkinase unterdrücken (sogenannte Tyrosinkinase-Inhibitoren, kurz TKI). Beim Ansprechen auf die Standardbehandlung ist eine allogene Stammzelltransplantation vorgesehen. In einer Phase-II-Studie wurde nun die Wirksamkeit einer chemotherapiefreien Behandlung untersucht. Hierfür wurden die beiden Medikamente Ponatinib und Blinatumomab kombiniert. Dabei handelt es sich um einen TKI und einen Antikörper, der die Zerstörung der Tumorzellen durch das körpereigene Immunsystem fördert. Für die Studie wurden 72 Patienten mit neu diagnostizierter ALL, rezidivierter/refraktärer ALL oder CML inkludiert. Die Teilnehmer erhielten eine Kombination aus Ponatinib (30 mg) und Blinatumomab (intravenös 28 µg an 28 von 42 Tagen eines Behandlungszyklus). Nach bis zu fünf Behandlungszyklen folgte eine Ponatinib-Monotherapie.

Phase-II-Studie untersucht Behandlung ohne intensive Chemotherapie

Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei 16 Monaten. Die Studie zeigte eine hohe Wirksamkeit bei neu diagnostizierter ALL und rezidivierter oder refraktärer ALL. In diesen Gruppen wurde ein hohe vollständige molekulare Ansprechrate festgestellt. Das molekulare Ansprechen wird anhand der Reduktion des Philadelphia-Chromosoms in den Blutzellen ermittelt. Bei einem vollständigen molekularen Ansprechen ist das Chromosom nicht mehr in den Blutzellen nachweisbar.

Vollständige molekulare Ansprechrate:

  • Neu diagnostizierte ALL: 33 von 38 Patienten (87 %)
  • Rezidivierte oder refraktäre ALL: 11 von 13 Patienten (79 %)
  • CML (in lymphoid blast phase): 2 von 6 Patienten (33 %)

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse des Grades 3 – 4 waren Infektionen (bei 37 % der Patienten), erhöhte Amylase- oder Lipase-Konzentration (8 %), erhöhte Alanin-Aminotransferase- oder Aspartat-Aminotransferase-Konzentration (7 %), Schmerzen (7 %) und Bluthochdruck (7 %).

Kombinationsbehandlung zeigt Wirksamkeit bei meisten ALL-Patienten und jeder 3. CML

Die Autoren schlussfolgerten, dass die chemotherapiefreie Kombination aus Ponatinib und Blinatumomab mit hohen vollständigen molekularen Ansprechraten bei Patienten mit neu diagnostizierter bzw. rezidivierter oder refraktärer ALL assoziiert sei.

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