Vielversprechende Studienergebnisse zum Einsatz von Siponimod bei sekundär progredienter MS

Original Titel:
Siponimod versus placebo in secondary progressive multiple sclerosis (EXPAND): a double-blind, randomised, phase 3 study

MedWiss Seit Kurzem gibt es mit Ocrelizumab einen Wirkstoff, der speziell auch für die Behandlung der primären progredienten MS (PPMS) zugelassen wurde. Für die sekundäre progrediente MS (SPMS) gibt es solch einen Wirkstoff bisher noch nicht, aber die Ergebnisse einer neuen Phase-III-Studie zu Siponimod sind vielversprechend.


Die schubförmige Form der Multiplen Sklerose (RRMS) ist seit 20 Jahren mit Medikamenten behandelbar und inzwischen gibt es verschiedene Wirkstoffe zur Auswahl mit zunehmend besserer Wirkung. Für die progrediente Form der MS, also ein stetig fortschreitender Krankheitsprozess, sieht das anders aus. Hier gibt es seit Kurzem mit Ocrelizumab einen Wirkstoff, der speziell auch für die Behandlung der primären progredienten MS (PPMS) zugelassen wurde. Für die sekundäre progrediente MS (SPMS) gibt es solch einen Wirkstoff bisher noch nicht, aber die Ergebnisse einer neuen Phase-III-Studie zu Siponimod sind vielversprechend.

Immunzellen werden ausgebremst

Siponimod ist ein Wirkstoff aus der Klasse der Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulatoren. Zu dieser Wirkstoffklasse gehört auch Fingolimod, das bereits zur Behandlung von MS eingesetzt wird. Diese Wirkstoffe sorgen dafür, dass die Sphingosin-1-phosphat-Rezeptoren auf weißen Blutzellen herunterreguliert werden. So können die dazugehörigen Botenstoffe nicht mehr daran binden. Die Bindung der Botenstoffe würde normalerweise dazu führen, dass die weißen Blutzellen aus den Lymphknoten zu Entzündungen wandern. Bei MS hilft dies dabei, die fehlgesteuerte Entzündungsreaktion im zentralen Nervensystem zu unterdrücken. Siponimod wirkt dabei gezielter als Fingolimod, sodass ein Mangel an weißen Blutzellen im Blut verhindert werden soll. Siponimod wird in Tablettenform eingenommen.

Bestätigter Fortschritt der Behinderung wurde unter der Behandlung mit Siponimod seltener

An der Studie nahmen 1645 Patienten mit fortgeschrittener sekundär progredienter MS aus 31 Ländern teil. In der Studie wurde erstmals untersucht, welche Wirkung ein Medikament auf die Zunahme der Behinderung der Betroffenen hatte. Dazu erhielten etwa zwei Drittel der Teilnehmer 2 mg Siponimod einmal am Tag, das andere Drittel erhielt ein Placebo. Die Patienten nahmen Siponimod bis zu drei Jahren oder bis zum Erreichen einer bestimmten Anzahl an festgestellten Verschlechterungen der Behinderung ein. Im Schnitt lag die Behandlungsdauer bei 18 Monaten. Anschließend werteten die Forscher die gesammelten Daten aus. Die Auswertung ergab, dass die mit Siponimod behandelten Patienten nach der durchschnittlichen Behandlungsdauer zwischen 21 und 26 % weniger häufig einen bestätigten Fortschritt der Behinderung erlitten als Patienten, die das Placebo erhielten. Auch auf die Magnetresonanztomographieergebnisse wirkte sich Siponimod positiv aus: Sowohl die Zahl der gemessenen Krankheitsherde als auch die Abnahme des Hirnvolumens war bei der Behandlung mit Siponimod nachweislich geringer.

Nebenwirkungen ähnlich wie bei Fingolimod

Unerwünschte Ereignisse traten während der Studie bei der Behandlung mit Siponimod etwa genauso häufig auf wie bei der Placebobehandlung (89 % bzw. 82 %). Häufiger waren unter der Behandlung mit Siponimod eine verminderte Zahl von Immunzellen im Blut zu finden (Lymphopenie), was aber vermutlich direkt mit der Wirkung von Siponimod zusammenhängt. Auch wurde öfter als bei der Placebobehandlung eine erhöhte Konzentration der Leber-Transaminase festgestellt, bei Beginn der Therapie kam es öfter zu Herzproblemen, außerdem traten öfter Makulaödeme, Bluthochdruck, Reaktivierungen von Variella zoster-Infektionen sowie Krämpfe auf. Insgesamt wird der Wirkstoff aber als gut verträglich beschrieben, die Nebenwirkungen ähneln denen von Fingolimod. Herzprobleme zu Beginn der Therapie ließen sich durch ein Einschleichen des Medikaments abmildern.

Hersteller kündigte Beantragung der Zulassung in USA und Europa an

Auf Basis der Studienergebnisse schließen die Forscher, dass Siponimod das Risiko für ein Fortschreiten der Behinderung bei der sekundären progredienten MS verringert mit einem Sicherheitsprofil ähnlich zu Fingolimod. Damit sei Siponimod wahrscheinlich eine nützliche Behandlungsoption für die sekundär progrediente MS. Die im renommierten Fachjournal „The Lancet“ veröffentlichten Ergebnisse veranlassten das Pharmaunternehmen Novartis, das die Studie finanzierte, dazu bekannt zu geben, dass in den USA die Zulassung für Siponimod zur Behandlung von sekundär progredienter MS noch im Frühjahr 2018 erfolgen soll. Für Europa war dies für später im Jahr geplant, in Abhänigkeit von Gesprächen mit der Europäischen Arzneimittelagentur.

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