Ranitidin: EMA überprüft ranitidinhaltige Arzneimittel aufgrund des Nachweises von N-Nitrosodimethylamin (NDMA)

18.09.2020 – Erneutes Gutachten des CHMP

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) bestätigt das Gutachten des CHMP, alle ranitidinhaltigen Arzneimittel in der EU zu suspendieren.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat seine Empfehlung bekräftigt, alle ranitidinhaltigen Arzneimittel in der EU wegen des Vorhandenseins geringer Mengen einer Verunreinigung namens N-Nitrosodimethylamin (NDMA) auszusetzen. Dies folgt aus der erneuten Prüfung der Stellungnahme des CHMP vom April 2020, die von einem der Zulassungsinhaber, die ranitidinhaltige Arzneimittel vermarkten, beantragt worden war.

NDMA wird aufgrund von Tierversuchen als wahrscheinliches Humankarzinogen (eine Substanz, die Krebs verursachen könnte) eingestuft. Es ist in einigen Nahrungsmitteln und Wasservorräten enthalten und man geht davon aus, dass bei Aufnahme in sehr geringen Mengen kein Schaden entsteht.

Die verfügbaren Sicherheitsdaten zeigen, dass Ranitidin das Krebsrisiko nicht erhöht, und ein mögliches Risiko wahrscheinlich sehr gering ist. NDMA wurde jedoch in mehreren ranitidinhaltigen Arzneimitteln oberhalb der noch als akzeptabel erachteten Mengen gefunden, und es gibt ungelöste Fragen zur Quelle der Verunreinigungen.

Es gibt einige Hinweise darauf, dass NDMA aus dem Abbau von Ranitidin selbst entstehen kann, wobei im Verlauf seiner Haltbarkeitsdauer steigende Konzentrationen zu beobachten sind. Es ist nicht klar, ob NDMA auch aus Ranitidin im Körper gebildet werden kann. Einige Studien deuten darauf hin, dass dies der Fall sein kann, während andere dies nicht unterstützen. Angesichts der Unsicherheiten hat der CHMP im April 2020 eine vorsorgliche Aussetzung der Zulassungen dieser Arzneimittel in der EU empfohlen.

Ranitidinhaltige Arzneimittel werden zur Reduzierung der Magensäure bei Patienten mit Erkrankungen wie Sodbrennen und Magengeschwüren eingesetzt. Es stehen Alternativen zur Verfügung, und die Patienten sollten sich an ihr medizinisches Fachpersonal wenden, um sich beraten zu lassen, welches Arzneimittel sie einnehmen sollen.

Gemäß der nochmaligen Bewertung hat der CHMP die Bedingungen für die Aufhebung der Suspendierung aufrechterhalten, einschließlich der Forderung an die Unternehmen, mehr Daten über die mögliche Bildung von NDMA aus Ranitidin im Körper zu liefern. Da jedoch davon auszugehen ist, dass die Bildung von NDMA im Körper nach einer niedrigen Einzeldosis Ranitidin sehr gering sein wird, hat der CHMP die Bedingungen für die Aufhebung der Suspendierung für diejenigen ranitidinhaltigen Arzneimittel, die durch Injektion oder Infusion (Tropf) als einzelne, niedrige Dosis verabreicht werden, leicht modifiziert.

Viele ranitidinhaltige Arzneimittel sind in der EU seit mehreren Monaten nicht mehr erhältlich. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die nationalen Behörden vorsorglich einen Rückruf der Arzneimittel veranlasst haben, während die Überprüfung der EMA noch andauerte.

Seit 2018 wurden NDMA und ähnliche Verbindungen, die als Nitrosamine bekannt sind, in mehreren Arzneimitteln nachgewiesen. Die EU-Regulierungsbehörden sind tätig geworden, um mögliche Quellen der Verunreinigungen zu identifizieren und strenge Anforderungen an die Hersteller zu stellen.

Die EMA wird weiterhin mit nationalen Behörden, der EDQM (Europäische Direktion für Arzneimittelqualität und Gesundheitsschutz), der Europäischen Kommission und internationalen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um das Vorhandensein dieser Verunreinigungen in Arzneimitteln zu verhindern.

Informationen für Patienten

  • Die Zulassungen ranitidinhaltiger Arzneimittel werden in der EU vorsichtshalber suspendiert, weil eine Verunreinigung namens NDMA in niedriger Konzentration vorhanden ist.
  • Es stehen alternative Arzneimittel zur Verfügung, um die Magensäure zu reduzieren. Wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker, wenn Sie Fragen haben, welche Alternativen Ihnen zur Verfügung stehen.
  • Wenn Ihnen Ranitidin verschrieben wurde, wird Ihr Arzt Sie über eine Alternative beraten

Informationen für Angehörige der Gesundheitsberufe

  • Die Zulassungen ranitidinhaltiger Arzneimittel werden in der EU wegen des Vorhandenseins von NDMA-Verunreinigungen suspendiert.
  • Die verfügbaren klinischen und epidemiologischen Daten zeigen zwar nicht, dass Ranitidin das Krebsrisiko erhöht, NDMA wurde jedoch in mehreren ranitidinhaltigen Arzneimitteln oberhalb der als akzeptabel erachteten Werte gefunden.
  • Obwohl die genaue Quelle der Verunreinigung in Ranitidin noch identifiziert werden muss, ist es möglich, dass NDMA durch den Abbau von Ranitidin auch unter normalen Lagerbedingungen entsteht. Einige Studien wiesen darauf hin, dass Ranitidin durch Abbau oder Metabolismus im Magen-Darm-Trakt endogene NDMA-Bildung verursachen kann, andere Studien konnten das aber nicht bestätigen.
  • Da keine ranitidinhaltigen Arzneimittel zur Verfügung stehen, sollten die Patienten über alternative Arzneimittel beraten werden.
  • Angehörige der Gesundheitsberufe sollten Patienten, die Ranitidin mit oder ohne Rezept eingenommen haben, darüber beraten, wie mit Krankheitsbildern wie Sodbrennen und Magengeschwüre umgegangen werden sollte und wie sie behandelt werden können.

Mehr über das Arzneimittel

Ranitidin gehört zu einer Klasse von Medikamenten, die als H2-(Histamin-2-) Blocker bekannt sind. Sie wirken, indem sie die Histaminrezeptoren im Magen blockieren und die Produktion von Magensäure reduzieren.

Es wird zur Behandlung und Vorbeugung von Erkrankungen wie Sodbrennen und Magengeschwüren eingesetzt. Ranitidinhaltige Arzneimittel sind seit etwa 30 Jahren auf nationaler Ebene zugelassen und als Tabletten, Sirup und injizierbare Formulierungen erhältlich.

Mehr über das Verfahren

Die Überprüfung von Ranitidin wurde am 12. September 2019 auf Antrag der Europäischen Kommission gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet.
Die Überprüfung wurde vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) durchgeführt, der für Fragen im Zusammenhang mit Humanarzneimitteln zuständig ist und seine erste Stellungnahme im April 2020 abgegeben hat. Nach einer erneuten Prüfung des Gutachtens, die von einem der betroffenen Unternehmen beantragt wurde, nahm der CHMP Änderungen an seiner Empfehlung vor. Die endgültige Stellungnahme des CHMP wird nun an die Europäische Kommission weitergeleitet, die eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung erlassen wird, die in allen EU-Mitgliedstaaten gilt.

05.05.2020 – Gutachten des CHMP

17.09.2019 – Start des Verfahrens

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden:

Ranitidine-containing medicinal products

Risikoinformation des BfArM vom 17.09.2019