Wie effektiv können innovative Baukonzepte vor Infektionsübertragungen schützen?

Interdisziplinäres Team aus Braunschweig, Göttingen, Hannover und Münster forscht im Projekt „InnoBRI“zur optimierten Patientenversorgung im Krankenhaus.

(umg/tu-bs) Immer mehr Patientinnen und Patienten erkranken an einer sogenannten nosokomialen Infektion, also einer Infektion, die sie während eines stationären Krankenhausaufenthaltes erworben haben. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen und die Gesellschaft. Doch welche Möglichkeiten gibt es, eine Infektionsübertragung im Krankenhaus zu vermeiden? Eine Frage, die in Zeiten einer Pandemie noch einmal besondere Bedeutung erhält. Damit befasst sich das Projekt InnoBRI für „Optimierte Patientenversorgung durch innovative Baukonzepte zur Reduktion nosokomialer Infektionsübertragungen“, an dem Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Braunschweig, der Universitätsmedizin Göttingen und der Universitäten Hannover und Münster zusammenarbeiten.

Das Verbundprojekt erforscht, welche baulichen Maßnahmen im Krankenhaus dazu beitragen können, die Übertragung von Krankheitserregern zu vermindern und Infektionen zu verhindern. Dazu gehören die Auswahl von Material und Oberflächen ebenso wie räumliche Strukturen, die bestimmte Arbeitsabläufe des medizinischen Personals bestimmen, oder auch die Art und Anzahl der für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellten sanitären Anlagen. Neben der Auswahl dieser sogenannten baulichen Interventionen zur Infektionsunterbrechung wollen die Projektpartner auch ihre Effektivität berechnen – für möglichst einfache, praxisnahe, Kosten-Nutzen-effiziente bauliche Lösungen. Um diese komplexe Aufgabe zu meistern, arbeiten in dem Projekt Architekt*innen mit Expert*innen für Krankenhaushygiene, Infektiologie, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie zusammen.

Das Projekt InnoBRI (Optimierte Patientenversorgung durch innovative Baukonzepte zur Reduktion nosokomialer Infektionsübertragungen) wird bis März 2023 mit rund 1,5 Millionen Euro aus Mitteln des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert. Die Projektkoordination hat das Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der TU Braunschweig. Verbundpartner sind das Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, das Institut für Krankenhaushygiene und Infektiologie der Universitätsmedizin Göttingen sowie das Center for Health Economics Research der Leibniz Universität Hannover.

Untersuchen will das Forschungsteam Bereiche, wie zum Beispiel die Notaufnahme, da hier in Stoßzeiten viele Patient*innen mit zunächst ungeklärtem Infektionsstatus zusammentreffen. Diese durchlaufen innerhalb kürzester Zeit viele räumliche Bereiche, wie die Anmeldung, die Wartezone, Untersuchungs- und Behandlungsräume sowie spezielle Diagnostikbereiche. Bei diesen Stationen treffen die Patient*innen auch immer wieder auf wechselndes medizinisches Personal. Während des Bewegungs-Szenarios auf kleinem Raum können vielfältige Übertragungsereignisse stattfinden. Hier setzt das Projekt InnoBRI an: Zum einen geht es darum, hygienerobuste Materialien und Oberflächen auszuwählen. Zum anderen wollen die Expert*innen untersuchen, wie zum Beispiel räumliche Strukturen bestimmte Arbeitsabläufe des medizinischen Personals aus infektionspräventiver Sicht unterstützen oder die Zuweisung räumlicher Bereiche für besondere Personen innerhalb eines Infektionsgeschehens die Übertragungsraten senken können.

Auf Basis einer systematischen Literaturanalyse und Beobachtungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Daten aus mikrobiologischen Übertragungsstudien sowie standardisierten Interviews mit Nutzerinnen und Nutzern sowie Expertinnen und Experten will das Team mögliche bauliche Interventionen identifizieren und in Parameterwerte überführen. In Simulationsstudien überprüfen die Wissenschaftler*innen deren Effektivität.

Die Ergebnisse werden in Muster-Baukonzepte überführt und als Planungsempfehlungen für Krankenhäuser aufbereitet. Diese können später den Bundesländern als Grundlage für eine Standardisierung Kosten-Nutzen-effizienter Krankenhausneubauten dienen.