Multiple Sklerose

Schlafstörungen bei Multipler Sklerose häufig

Original Titel:
Schlafstörungen bei Multipler Sklerose

MedWissSchlafstörungen bei Multipler Sklerose sind keine Seltenheit. Eine aktuelle Übersichtsarbeit fasst den aktuellen Wissensstand zu Schlafstörungen bei MS zusammen.


Wer nicht gut oder nicht genug schläft, dessen Lebensqualität und auch Gesundheit leidet unter diesem Zustand. Bei Menschen mit MS kommt es deutlich häufiger zu Schlafstörungen als bei der Allgemeinbevölkerung, das haben Untersuchungen zum Thema gezeigt. Ungefähr drei Viertel aller MS-Patienten haben demnach mit Schlafstörungen zu tun. Diese können auch zu einer Fatigue, einer chronischen Erschöpfbarkeit beitragen. Daher kann die Behandlung einer Schlafstörung auch die Symptome einer Fatigue bessern.

Menschen mit MS leiden öfter am Restless-Legs-Syndrom

Eine Sache, die Menschen mit MS deutlich häufiger um den Schlaf bringt als die Durchschnittsbevölkerung, ist das sogenannte Restless-Legs-Syndrom (RLS). Dieses Syndrom der ruhelosen Beine ist eine Bewegungsstörung. Die Betroffenen verspüren in ihren Beinen und Füßen, selten auch in den Armen, unangenehme Empfindungen wie Ziehen, Brennen, Kribbeln, Schmerzen oder Wärme, wenn sie sich entspannen. Daher treten die Symptome vorwiegend abends und nachts auf. Bewegung lindert die Beschwerden, Betroffene verspüren einen starken Drang sich zu bewegen. Etwa 19 % aller MS-Patienten haben ein RLS, das ist viermal häufiger als im Durchschnitt der Bevölkerung. Bei einer stärkeren Behinderung oder Beeinträchtigung des Gangs kommt es auch während des Schlafs zu ungewollten Bewegungen der Beine, die sonst eher nicht vorkommen. RLS und ungewollte Beinbewegungen können mit Läsionen im Rückenmark zusammenhängen. Das Restless-Legs-Syndrom wird bei Menschen mit MS genauso wie bei anderen Menschen mit RLS mit bestimmten Medikamenten behandelt, wenn nötig.

Frauen mit MS haben öfter eine chronische Schlaflosigkeit als Männer mit MS

Die häufigste Schlafstörung bei MS-Patienten ist die chronische Schlaflosigkeit (chronische Insomnie). Dabei haben die Betroffenen über einen Zeitraum von mehreren Monaten regelmäßig Probleme beim Einschlafen oder Durchschlafen oder wachen morgens sehr früh auf. Ungefähr ein Viertel aller MS-Patienten hat Untersuchungen zufolge mit chronischer Schlaflosigkeit zu kämpfen, Frauen häufiger als Männer. Die Ursachen für eine chronische Schlaflosigkeit können verschieden sein von Stress, über Nebenwirkungen von Medikamenten bis hin zu Faktoren, die die Nachtruhe stören wie Lärm. Bei einer chronischen Schlafstörung im engeren Sinne kann meist mit einer verbesserten Schlafhygiene viel gegen die Schlaflosigkeit getan werden. Nicht hilfreich ist hingegen die Medikation mit frei verkäuflichen Schlaftabletten. Diese können nicht nur eine Fatigue vortäuschen oder verschlechtern, sie tragen auch dazu bei, dass die Schlaflosigkeit bestehen bleibt. Wie auch bei anderen Menschen mit Insomnie kann eine kognitive Verhaltenstherapie bei Menschen mit MS und Schlaflosigkeit diesen Zustand verbessern.

Unausgeschlafen? Atemaussetzer können eine Ursache sein

Atemaussetzer (Schlafapnoe) können ebenfalls den Schlaf stören. Der Schlafende selbst kriegt von seinen Atemaussetzern im Schlaf oft nichts mit, aber die Schlafqualität und die Lebensqualität der Betroffenen leidet. Ebenso können durch die Schlafapnoe weitere ernsthafte gesundheitliche Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen ausgelöst werden. Wie häufig solche Atemmusterstörungen bei Menschen mit MS sind, wird weiter untersucht, genauso wie die Vermutung, dass Läsionen im Hirnstamm oder Frontallappen des Gehirns dazu beitragen. MS-Patienten mit einer ausgeprägten Fatigue sollten auf eine mögliche Schlafapnoe untersucht werden, hier kann eine Überdrucktherapie helfen. Dabei wird beim Schlafen eine Atemmaske getragen, die über ein entsprechendes Gerät mit leichtem Druck Luft in die Atemwege drückt. So bleiben die Atemwege offen und Atemaussetzer werden vermieden.

Auch Berichte zu eher seltenen Schlafstörungen bei MS-Patienten

Weitere Formen von Schlafstörungen sind die REM-Verhaltensstörung und die Narkolepsie. Bei der REM-Verhaltensstörung kommt es zu lebhaften Träumen, in denen der Schlafende z. B. Angreifer abwehren muss. Durch eine Fehlsteuerung schlägt der Schlafende dann jedoch nicht nur im Traum um sich, sondern auch im Bett. Auch Sprechen, Schreien oder Fluchen überträgt sich aus dem Traum – normalerweise bewegt man sich während der Traumphase (REM-Phase) nicht, die Muskeln bleiben entspannt. Die Bewegungen können zu Verletzungen des Betroffenen oder auch von Bettnachbarn führen und stören den Schlaf erheblich. Mit einer entsprechenden medikamentösen Behandlung lassen sich die Beschwerden bessern.

Bisher nur 26 dokumentierte Fälle von Schlafkrankheit bei MS-Patienten weltweit

Mit nur 26 aktuell beschriebenen Fällen ist die Narkolepsie eine sehr seltene Schlafstörung unter MS-Patienten. Die auch Schlafkrankheit genannte Störung der Steuerung von Schlaf und Wachsein führt zu Schläfrigkeit am Tag, Einschlafattacken, plötzlich auftretendem Verlust der Muskelspannung mit Stürzen als Folge und Schlafmangel infolge eines gestörten Nachtschlafs. Oft kann ein Mangel eines bestimmten Botenstoffs im Gehirn festgestellt werden. Bei Menschen mit MS können Entzündungsherde in bestimmten Bereichen des Gehirns eine Ursache sein. Es wurde von MS-Patienten mit Narkolepsie berichtet, bei denen sich die Menge des fehlenden Botenstoffes nach einer Kortison-Puls-Therapie besserte – was bei einer Narkolepsie unklarer Ursache bisher nicht bekannt ist. Ähnliches wurde für die Behandlung der REM-Verhaltensstörung beschrieben.

Bei Fatigue auch an Schlafstörungen denken

Der Autor der Übersichtsarbeit fasst zusammen, dass Schlafstörungen bei MS häufig sind – drei von vier Menschen mit MS haben eine Schlafstörung. Bei Menschen mit MS tritt das Restless-Legs-Syndrom häufiger auf, als bei der Allgemeinbevölkerung. Für andere Schlafstörungen gibt es bisher keine belastbaren Zahlen. Hier ist also noch weitere Forschung nötig. Die verschiedenen Schlafstörungen sollten bei MS-Patienten behandelt werden, wie bei Menschen ohne MS auch – entsprechend der geltenden Leitlinie für die jeweilige Erkrankung. Ausnahmen bilden hier die sehr seltenen Fälle von REM-Verhaltensstörung und Narkolepsie. Treten diese bei Menschen mit MS neu auf, sollten rasch aktuelle Bilder von Gehirn und Rückenmark angefertigt werden und gegebenenfalls eine Schubtherapie erfolgen. Auch bei der Behandlung einer Fatigue sollte auf mögliche Schlafstörungen geschaut werden. MS-Patienten sollten daher einen leichteren Zugang zu Schlafuntersuchungen (Polygraphie/Polysomnographie) erhalten.

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