„Viele Menschen kennen eine Sepsis nicht“

An einer Sepsis, umgangssprachlich Blutvergiftung genannt, sterben jährlich weltweit ca. elf Millionen Menschen. Viele Todesfälle wären vermeidbar, wenn Diagnosen frühzeitig gestellt und entsprechende Therapien eingeleitet würden. Der jährliche Welt-Sepsis-Tag am 13. September will deshalb auf die Erkrankung und deren schwerwiegende Folgen aufmerksam machen. Professorin Dr. Andrea Steinbicker, stellvertretende Direktorin der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des Universitätsklinikum Frankfurt, erklärt im Interview, warum eine Sepsis so tückisch ist.

Wie entsteht eine Sepsis, und wie gefährlich ist sie?

Eine Sepsis hat vielerlei Ursachen. Sie kann aus einer Harnwegsinfektion entstehen, einer Lungenentzündung oder einer Entzündung im Bereich des Bauchraumes. Wenn Erreger ins Blut gelangen, kann es zu einer Blutvergiftung kommen, der sogenannten Sepsis.

Eine Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion und endet unbehandelt immer tödlich. Leider ist eine Sepsis häufig: Mehr als 230.000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland an Sepsis, mindestens 85.000 versterben daran. Diese Zahlen stammen aus dem Netzwerk „Deutschland erkennt Sepsis“, ein Programm, das dabei helfen will, über Sepsis aufzuklären, zu informieren, schnellere Diagnosen zu stellen und frühzeitig Therapien einzuleiten. (https://www.deutschland-erkennt-sepsis.de/). Denn eine Sepsis ist lebensgefährlich. Es versterben doppelt so viele Menschen im Krankenhaus an einer Sepsis wie an Schlaganfällen und Herzinfarkten zusammen. Dabei wäre ein großer Teil der Erkrankungen und Todesfälle vermeidbar, wenn wir vorbeugen würden, frühzeitig eine Sepsis erkennen und schnellstmöglich eine Behandlung beginnen.

Was sind die Symptome einer Sepsis?

Eine Sepsis entsteht immer aus einer Infektion. Diese kann immer und jederzeit und in jedem Alter auftreten.

Wenn man also eine Infektion hat, die mit Fieber und Schüttelfrost einhergehen kann, und zudem eines oder mehrere der folgenden Symptome feststellt, handelt es sich eventuell um eine Sepsis:

  • Nie gekanntes schweres Krankheitsgefühl
  • Müdigkeit, Apathie
  • plötzlich auftretende Verwirrtheit
  • schnelle, schwere Atmung
  • erhöhter Puls und erniedrigter Blutdruck
  • kalte, fleckige Haut an Armen/Beinen

Warum wird in Deutschland eine Sepsis häufig erst spät erkannt?

Viele Menschen kennen eine Sepsis nicht, und stellen sich erst spät bei einer Arztpraxis oder im Krankenhaus vor. Im Krankenhaus können Infektionen selbstverständlich besonders häufig auftreten und müssen behandelt werden. Es gibt in Deutschland, wie bereits erwähnt, aktuell eine groß angelegte Kampagne: „Deutschland erkennt Sepsis“ will möglichst viele Bürgerinnen und Bürger informieren. In den Krankenhäusern trainieren wir insbesondere die Mitarbeitenden auf den Normalstationen, denn genau hier muss frühzeitig eine Veränderung erkannt werden, um adäquat behandeln zu können.

Wie Sie an der Liste oben sehen können, sind die Symptome unterschiedlich, denn auch der Ursprung der Organsysteme ist unterschiedlich.

Programme wie „Deutschland erkennt Sepsis“ und auch der internationale Sepsis-Tag, der jedes Jahr am 13. September stattfindet, helfen, auf die Erkrankung Sepsis aufmerksam zu machen. In Berlin hat dazu gestern bereits eine große Veranstaltung stattgefunden.

Wie lange müssen Betroffene in der Regel im Krankenhaus bleiben – und wie lange leiden sie danach an den Folgen der Sepsis?

Die Dauer der Behandlung liegt natürlich an der Erkrankung und an ihrem Verlauf.

Patientinnen und Patienten mit einer einfachen Infektion bleiben im Durchschnitt sieben Tage im Krankenhaus, Patienten mit einer schweren Sepsis, dem septischen Schock, 24 Tage. Wie lange sie an den Folgen dieser Erkrankung leiden, liegt ebenfalls am Krankheitsverlauf. Einige Patientinnen erholen sich vollständig, andere haben noch Monate bis Jahre danach Symptome und Einschränkungen.

Für alle Patientinnen und Patienten, die auf der Intensivstation in Behandlung waren und die nach sechs Monaten noch Beschwerden oder Einschränkungen verspüren, haben wir eine Nachsorgeambulanz Intensivmedizin gegründet. Hier wollen wir die Folgen diagnostizieren und therapieren, um allen Patientinnen und Patienten die bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Weitere Informationen unter Nachsorge Intensivmedizin: Universitätsklinikum Frankfurt am Main