Depression

Pro: Übersichtsstudie vergleicht neuere Antidepressiva: Nutzen-Risiko-Verhältnis von Vortioxetin ist besser als das von Levomilnacipran und Vilazodon

Original Titel:
Efficacy and tolerability of different doses of three new antidepressants for treating major depressive disorder: A PRISMA-compliant meta-analysis.

Im letzten Jahrzehnt wurden in den USA drei neue Antidepressiva zugelassen: Vortioxetin, Levomilnacipran und Vilazodon. Die Wirkung dieser Medikamente wurde bereits in verschiedenen Studien untersucht, aber nicht ihre beste Dosierung. Forscher der Xi’an Jiaotong Universität im chinesischen Xi’an analysierten nun in einer Übersichtsstudie (Meta-Analyse), wie wirksam diese drei Medikamente in verschiedenen Dosierungen zur Behandlung der unipolaren Depression sind.

Dazu wurden die wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, Embase, Cochrane Library, psycINFO und ClinicalTrials.gov durchsucht, um relevante Publikationen zu finden. Fokus der Studien sollte dabei die Wirksamkeit der Behandlung sein. Diese sollte mit Hilfe der Montgomery-Asberg Depressionsbewertungsskala (MADRS) ermittelt worden sein. Des Weiteren wollten die Wissenschaftler die Verträglichkeit der Medikamente beurteilen und überprüften dazu Studienabbruchsraten aufgrund von Nebenwirkungen.

Mit diesen Suchkriterien wurden 22 Studien identifiziert und analysiert. Aus der Übersicht zeigte sich, dass Vortioxetin bei allen Dosierungen (5, 10, 20 und 10–20 mg pro Tag) stärker die depressiven Symptome verbesserte (MADRS-Wert) als eine Scheinbehandlung. Dabei war das Medikament gut verträglich: lediglich bei der höchsten Dosis von 20 mg/Tag brachen mehr Patienten die jeweiligen Studien bei Vortioxetineinnahme ab als mit dem Placebo.

Die Wirksamkeit des Mittels steigerte sich mit der Dosis, gleichzeitig steigerten sich damit aber auch die Nebenwirkungen. Die optimale Dosis ergab sich dabei mit 10 mg pro Tag: hierbei wurde die Depression gut abgemildert (der MADRS-Wert sank um durchschnittlich 3 Punkte), die Nebenwirkungen dagegen waren noch mild. Im Vergleich dazu bewirkten Levomilnacipran und Vilazodon mit jeder Dosis stärkere Verbesserungen der depressiven Symptome, zugleich brachen aber auch deutlich mehr Patienten die Studien vorzeitig wegen der Nebenwirkungen ab.

Damit zeigte diese Studie für Vortioxetin im Vergleich zu Levomilnacipran und Vilazodon das beste Verhältnis zwischen Risiken und Nebenwirkungen und der antidepressiven Wirksamkeit. Für eine weitere Bewertung des Nutzens von Levomilnacipran und Vilazodon wird erst in weiteren Studien die optimale Dosierung dieser Medikamente bestimmt werden müssen, bei der auch die Nebenwirkungen minimiert sind. Bei Vortioxetin dagegen sollte nun vor allem die Wirksamkeit und Sicherheit in der langfristigen Anwendung überprüft werden.

Im Prinzip ist Vortioxetin vor allem für unipolare Depressionen geeignet. Bei der Bipolaren Störung kann es, wie fast alle Antidepressiva, einen Wechsel in eine manische oder gemischte Episode auslösen. Bei unipolaren Patienten aber, oder bei bipolaren Patienten, die nicht zu Switches mit den Antidepressiva neigen, könnte es ein interessantes Medikament sein, da es ein anderes Wirkprofil als die sonst üblichen Antidepressiva hat und daher auch anders, oft als ‚aufklarend’ beschrieben, auf die Denkleistung einwirkt.

Das Mittel ist derzeit in Deutschland nicht erhältlich (aber z. B. in der Schweiz) – zum Teil aufgrund einer Nutzenbewertung, die von der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie (MedWissPN) kritisiert wurde: sie lasse die für die Patienten wichtige Faktoren wie Nebenwirkungsprofil und Lebensqualität außer Acht. Unter anderem auf Basis dieser Nutzenbewertung war der Spitzenverband der deutschen Krankenkassen nicht bereit, einen höheren Preis für das Mittel als für ein Generikum zu akzeptieren. Eventuell kann infolge der neuen Studienlage doch noch eine Einigung erfolgen. Dazu stelllt sich allerdings die weitere, kritische Frage, ob das Medikament auch im Vergleich zu klassischen Antidepressiva einen Vorteil bringt. Die vorliegende Übersichtsstudie hatte diesen wesentlichen Kritikpunkt leider ausgespart.

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