Belastung durch Migräne: unterschätzt und unterversorgt, auch bei wenigen Kopfschmerztagen im Monat

Original Titel:
A Real-World Analysis of Migraine: A Cross-Sectional Study of Disease Burden and Treatment Patterns

MedWiss – Diese Analyse bietet neue Daten dazu, wie groß das Migräne-Problem tatsächlich ist – und wie unterschätzt. Es mangelt an ausreichend wirksamen Behandlungen zur Senkung der Migränehäufigkeit und des Schweregrads von Kopfschmerzen und begleitenden Symptomen. Gleichzeitig sind Migränepatienten auch relativ zur Beeinträchtigung durch die Migräne eher unterversorgt. Inzwischen ist einiges aus der neueren Forschung auch in den aktuellen Behandlungsleitlinien angekommen: dort wird vermehrt auch die ergänzende Behandlung der Migränepatienten, sei es mit Massagetherapien, Botox-Injektionen oder Nahrungsergänzung, als wichtig und hilfreich hervorgehoben. Zusätzlich betonen die Autoren dieser Studie aber, dass weitere Forschung nötig ist, um auch die Belastung von Patienten mit relativ seltenen Migräneanfällen zu verstehen. Auch neue Therapie müssen gefunden werden, um den Fortgang der Erkrankung zu verhindern. Für Patienten sollte diese Studie zum Arztbesuch ermuntern: eine Migräne sollte rundum behandelt werden so gut es eben derzeit möglich ist. Dies gilt offenbar auch für Betroffene mit relativ wenigen monatlichen Kopfschmerztagen.


Die häufigste Falle, in die Migränepatienten tappen, könnte sein, die eigene Erkrankung kleinzureden. Dazu gibt es allerdings keinen Grund – die Krankheit ist chronisch, schwer belastend und ein ständiger Begleiter. Bei häufig unbekannten, verschiedenen Auslösern und nicht ausreichend wirksamen Medikamenten sitzt einem damit sozusagen ständig der Kopfschmerz und weitere belastende Symptome im Nacken – selbst bei nicht sehr häufigen Anfällen. Eine neue Studie, in Kooperation von Arzneimittelhersteller Eli Lilly und einem privaten Forschungsinstitut in London, untersuchte nun, wie groß die Belastung und Behandlungssituation von Patienten mit episodischer und chronischer Migräne in den USA ist.

Analyse in der echten Welt statt in der klinischen Studie

Die Daten eines auf Migräne-spezialisierten Forschungsprogramms (Adelphi Migraine United States Disease Specific Programme) wurden dazu genutzt und analysiert. 150 behandelnde Ärzte füllten Patientenberichte über jeweils 10 Migränepatienten aus. Als episodische Migräne galt dabei, wenn Patienten an bis zu 14 Tagen pro Monat unter Kopfschmerzen litten. Chronische Migräne wurde diagnostiziert, wenn an mehr als 15 Tagen pro Monat von Kopfschmerzen berichtet wurde. Wie stark die Kopfschmerzen die Patienten belastete, wurde mit dem MIDAS-Fragebogen (migraine disability assessment) ermittelt. Diesen Fragebogen kennen Patienten inzwischen auch aus manchen Migräne-Apps. Die Einschränkung durch die Erkrankung wurde nicht nur zwischen episodischer und chronischer Migräne verglichen, sondern auch zwischen Untergruppen der episodischen Migränepatienten mit je bis zu 3, 4 bis 7 und 8 bis 14 Kopfschmerztagen im Monat.

Wie stark sind Migränepatienten durch ihre Krankheit eingeschränkt?

Insgesamt wurden 1487 Patientenberichte vervollständigt. Über 70 % der Patienten waren Frauen. Der Großteil der Betroffenen (90,8 %, 1350 Patienten) litten unter episodischer Migräne. 9,2 % (137 Patienten) waren von chronischer Migräne betroffen. Mehr als 90 % der Patienten erhielten Akutbehandlungen auf Rezept. Mehr als die Hälfte hatten auch aktuell eine Verschreibung für eine Prophylaxebehandlung. Trotz Akut- und Prophylaxemedikation hatten 29,2 % der Patienten mit episodischer Migräne (darunter auch einige Patienten mit bis zu 3 Kopfschmerztagen im Monat) und 73,2 % der Patienten mit chronischer Migräne deutliche krankheitsbedingte Einschränkungen. Dies wurde anhand eines MIDAS-Wertes von mindestens 11 Punkte festgestellt, der auf moderate bis schwere Einschränkungen durch die Kopfschmerzen deutet. Die jeweilige präventive Behandlung wurde von 26,4 % der episodisch betroffenen Menschen mindestens einmal aufgegeben oder gewechselt. Bei den Patienten mit chronischer Migräne wechselte sogar die Hälfte (53,3 %) mindestens einmal die Prophylaxe oder stoppte die Behandlung. Bei den insgesamt 382 Patienten, die ihre Gründe für einen Wechsel oder Prophylaxestop angaben, nannten über 70 % ungenügende Wirksamkeit als Grund.

Hohe Belastung für unterversorgte Betroffene – auch bei wenigen Kopfschmerztagen

Diese Analyse bietet damit einmal mehr Daten dazu, wie groß das Migräne-Problem tatsächlich ist – und wie unterschätzt. Es mangelt an ausreichend wirksamen Behandlungen zur Senkung der Migränehäufigkeit und des Schweregrads von Kopfschmerzen und begleitenden Symptomen. Gleichzeitig sind Migränepatienten auch relativ zur Beeinträchtigung durch die Migräne eher unterversorgt. Inzwischen ist einiges aus der neueren Forschung auch in den aktuellen Behandlungsleitlinien angekommen: dort wird vermehrt auch die ergänzende Behandlung die Migränepatienten, sei es mit Massagetherapien, Botox-Injektionen oder Nahrungsergänzung, als wichtig und hilfreich hervorgehoben. Zusätzlich betonen die Autoren dieser Studie aber, dass weitere Forschung nötig ist, um auch die Belastung von Patienten mit relativ seltenen Migräneanfällen zu verstehen. Aber auch neue Therapie müssen gefunden werden, um den Fortgang der Erkrankung zu verhindern. Für Patienten sollte diese Studie zum Arztbesuch ermuntern: eine Migräne sollte rundum behandelt werden so gut es eben derzeit möglich ist. Dies gilt offenbar auch für Betroffene mit relativ wenigen monatlichen Kopfschmerztagen.

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