Arthritis / Rheuma

Risiken und Vorteile von JAK-Inhibitoren – Was wissen wir?

Original Titel:
AK inhibitor safety: Distilling the evidence - Peter Nash discusses the latest evidence on the association between JAK inhibitors and the risk for VTE, MACE, and malignancy

MedWiss: Zum bisher guten Sicherheitsprofil der JAK-Inhibitoren bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis wurden inzwischen Hinweise auf drei mögliche Sicherheitsbedenken verstärkt untersucht. Prof. Peter Nash, Rheumatologie-Experte an der Griffith University in Brisbane (Australien), diskutierte kürzlich das derzeitige Wissen über diese drei potenziellen Risiken und stellte den Kontext zwischen Risiken und Vorteilen der Behandlung her.


Diskussionen um Medikationen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis drehen sich nie nur um die Wirksamkeit der Therapien, sondern immer auch um deren Sicherheit. Besonders neuere Therapieoptionen müssen sich in klinischen Studien mit bisherigen Goldstandards messen. Dies trifft auch auf die Januskinase-Inhibitoren, kurz JAK-Inhibitoren, zu, die neueste Medikamentenklasse zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA). Bislang sind 4 Wirkstoffe in der EU zur Behandlung der RA (Tofacitinib, Baricitinib, Upadacitinib) und der Psoriasis-Arthritis (Tofacitinib, Filgotinib, Upadacitinib) zugelassen.

Die Wirkstoffe werden bereits häufig eingesetzt, da sie verschiedene Vorteile bieten. So ist die orale Einnahme für manche Patienten der Injektion oder Infusion mit vergleichbar effektiven Wirkstoffen vorzuziehen. Die Wirksamkeit wurde in umfassenden klinischen Studien im Vergleich zu Adalimumab nachgewiesen.2,3 Die JAK-Inhibitoren können mit, aber auch ohne begleitendes Methothrexat gegeben werden und ermöglichen so auch bei Methothrexat-Unverträglichkeit eine stabile Therapie.

Das Sicherheitsprofil der JAK-Inhibitoren gilt als gut. Drei spezielle Hinweise auf mögliche Sicherheitsbedenken wurden inzwischen verstärkt untersucht. Prof. Peter Nash, Rheumatologie-Experte an der Griffith University in Brisbane (Australien), diskutierte kürzlich das derzeitige Wissen über diese drei potenziellen Risiken und stellte den Kontext zwischen Risiken und Vorteilen der Behandlung her.1

Ein erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) konnte in einer neuen Meta-Analye vom King’s College in London nicht bestätigt werden.4 Adverse Ereignisse sind auch zentraler Fokus einer Studie der Phase 4 zur Sicherheit von Tofacitinib, zu der bereits vorläufige Ergebnisse vorliegen. In den bislang einzusehenden Daten zeigte sich ebenfalls kein VTE-Signal.5 Ein generelles Problem der JAK-Inhibitoren scheint demnach wohl nicht vorzuliegen. Ob einzelne Wirkstoffe sich im VTE-Risiko unterscheiden oder Einfluss auf relevante Biomarker nehmen, wird in weiteren Untersuchungen geklärt werden müssen. Zusätzlich kann die Therapiewahl bei Personen mit konkret erhöhtem Risiko für VTE, beispielsweise mit mehreren venösen Thrombosen in ihrer Krankheitsgeschichte, dementsprechend angepasst werden. Unabhängig von der Medikation geht jedoch auch mit der rheumatoiden Arthritis ein erhöhtes Risiko für VTE einher. Eine gute Krankheitskontrolle gilt als wesentlich, um dieses Risiko einzudämmen.

Ein weiterer Hinweis betrifft größere adverse kardiovaskuläre Ereignisse. Hierzu zählen kardiovaskuläre Todesfälle, Herzinfarkte und Schlaganfälle. Nach den bereits einzusehenden Ergebnissen aus der Phase 4-Studie zur Sicherheit von Tofacitinib5 bei rheumatoider Arthritis lag die Inzidenz solcher kardiovaskulären Ereignisse bei 0,98 pro 100 Personenjahre (95 % Konfidenzintervall: 0,79 – 1,19) unter Tofacitinib und bei 0,73 pro 100 Personenjahre (95 % Konfidenzintervall: 0,52 – 1,01) mit einem TNF-Inhibitor. Die Hazard Ratio betrug 1,33 (signifikant), die Differenz zum Therapie-Goldstandard ist jedoch recht gering: Bei 0,73 pro 100 Personenjahren mit TNF-Hemmern tritt ein Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall demnach von 137 Patienten im Schnitt bei einem Patienten im Jahr auf. Um einen zusätzlichen Patienten mit einer solchen Erkrankung in JAK-Hemmer-Therapie zu sehen, braucht es 3-mal mehr Patienten. Auch hier wären weitere Studien wünschenswert, die das kardiovaskuläre Risiko behandelter Patienten langfristig beurteilen, im Kontext des erhöhten Risikos durch die chronische Inflammation und in Kombination mit schützenden Faktoren wie verbesserten Blutfettwerten, Rauchstopp und ähnlichem betrachten. Auch ein denkbarer protektiver Effekt der TNF-Hemmer sollte evaluiert werden.

Ähnliche Untersuchungen stehen auch zum Thema Krebserkrankungen an. Die vorläufigen Phase 4-Daten zeigen Unterschiede zwischen Tofacitinib und TNF-Hemmern mit einer Hazard Ratio von 1,48 (1,13 pro 100 Personenjahre unter Tofacitinib vs. 0,77 pro 100 Personenjahre mit TNF-Hemmern) für Krebserkrankungen außer Hautkrebs. Mit TNF-Hemmern entwickelt also 1 Patient von etwa 129 ein Malignom, für einen weiteren Fall unter Tofacitinib wären etwa doppelt so viele Patienten zu betrachten. Die Assoziation von rheumatoider Arthritis mit Krebserkrankungen erfordert allerdings erneut auch einen Blick auf individuelle Risikofaktoren – angefangen beim Tabakrauch, weitergeführt bei der Krankheitskontrolle.

Hinweise auf wesentliche Risiken der JAK-Hemmer sind demnach teils wahrscheinlich entkräftet (VTE), teils Gegenstand weiterer Untersuchungen. Zentral wird aber auch in diesen aktuellen Studien thematisiert werden, dass die JAK-Inhibitoren eine wichtige Medikamentenklasse darstellen, die eine wirksame Krankheitskontrolle ermöglicht. Wichtig ist nun, so das Fazit von Prof. Nash, Risikofaktoren und protektive Faktoren genauer zu untersuchen und so eine effektive Behandlung für Patienten, nach bestem Wissen und Gewissen, zu ermöglichen.

 

Referenzen

1. Barnard C; JAK inhibitor safety: Distilling the evidence – Peter Nash discusses the latest evidence on the association between JAK inhibitors and the risk for VTE, MACE, and malignancy; medwireNews; 2021; https://rheumatology.medicinematters.com/jak-inhibitors/venous-thromboembolism/safety-update-vte-mace-malignancy/19553090

2. van Vollenhoven RF, Fleischmann R, Cohen S, Lee EB, García Meijide JA, Wagner S, Forejtova S, Zwillich SH, Gruben D, Koncz T, Wallenstein GV, Krishnaswami S, Bradley JD, Wilkinson B; ORAL Standard Investigators. Tofacitinib or adalimumab versus placebo in rheumatoid arthritis. N Engl J Med. 2012 Aug 9;367(6):508-19. doi: 10.1056/NEJMoa1112072. Erratum in: N Engl J Med. 2013 Jul 18;369(3):293. PMID: 22873531. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22873531/

3. Taylor PC, Keystone EC, van der Heijde D, Weinblatt ME, Del Carmen Morales L, Reyes Gonzaga J, Yakushin S, Ishii T, Emoto K, Beattie S, Arora V, Gaich C, Rooney T, Schlichting D, Macias WL, de Bono S, Tanaka Y. Baricitinib versus Placebo or Adalimumab in Rheumatoid Arthritis. N Engl J Med. 2017 Feb 16;376(7):652-662. doi: 10.1056/NEJMoa1608345. PMID: 28199814. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28199814/

4. Yates M, Mootoo A, Adas M, Bechman K, Rampes S, Patel V, Qureshi S, Cope AP, Norton S, Galloway JB. Venous Thromboembolism Risk With JAK Inhibitors: A Meta-Analysis. Arthritis Rheumatol. 2021 May;73(5):779-788. doi: 10.1002/art.41580. Epub 2021 Mar 25. PMID: 33174384. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33174384/

5. Vorläufige Daten zu “Safety Study Of Tofacitinib Versus Tumor Necrosis Factor (TNF) Inhibitor In Subjects With Rheumatoid Arthritis” auf clinicaltrials.gov https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02092467

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