Antikörper Crenezumab gegen die Alzheimer-Plaques: Hoffnung für Frühformen der Demenzerkrankung?

Original Titel:
Amyloid positron emission tomography and cerebrospinal fluid results from a crenezumab anti-amyloid-beta antibody double-blind, placebo-controlled, randomized phase II study in mild-to-moderate Alzheimer’s disease (BLAZE).

MedWiss – Die Studie ermittelte die Wirksamkeit des Amyloid-Antikörpers Crenezumab bei mild bis moderat betroffenen Demenzpatienten. Passend zu früheren Ergebnissen deutete sich schwach an, dass das Mittel bei Frühformen womöglich helfen könnte. Trends in solchen Daten bedeuten allerdings einen nicht klar messbaren Effekt – solche Unterschiede könnten also in einer weiteren Studie nicht zu finden sein. Da die Verträglichkeit von Crenezumab aber gut war, wird das Mittel in weiteren Studien in höherer Dosierung bei Frühformen der Erkrankung getestet.


Eine Weile war es nun ruhig um die neuen Medikamente, die gegen die Alzheimerkrankheit Wirkung zeigen sollen. Manche können zwar im Labor, in Zellkulturen und Mäusen, Amyloid-Plaques abbauen, schienen aber bisher bei menschlichen Alzheimerpatienten vergleichsweise wirkungslos zu sein. Forscher vermuteten, dass der Zeitpunkt der Behandlung besser gewählt werden müsse – je früher, desto besser. Einer der neuen Antikörper gegen Alzheimerdemenz, Crenezumab, wurde nun über mehrere Jahre hinweg zur Behandlung von Patienten mit leichter bis mäßiger Alzheimerdemenz und von Patienten mit leichter Alzheimerdemenz eingesetzt. Die beteiligten Wissenschaftler analysierten nun, wie wirksam das Medikament Anzeichen der Erkrankung im Gehirn und Symptome wie Beeinträchtigungen der Denkleistung beeinflussen konnte.

Antikörper gegen die Alzheimer-Plaques: kann Crenezumab Neues bieten?

Crenezumab ist ein humanisierter Anti-Amyloid-Beta (Aβ) Immunoglobulin-G4 monoklonaler Antikörper. Das heißt, die Substanz heftet sich an das Betaamyloid, aus dem sich die klassischen Alzheimer-Plaques bilden, und macht sie so für die Immunabwehr des Körpers als Fremdkörper erkennbar. Humanisiert bedeutet dabei, dass der Antikörper von nicht-menschlichen Zellen produziert wurde, aber menschliche Bestandteile enthält. Mit dieser Humanisierung, also Vermenschlichung, kann sichergestellt werden, dass der Wirkstoff nicht direkt von unserem Körper zerstört wird, sondern an den Wirkort im Gehirn gelangen kann. Wie wirksam Crenezumab gegen die Alzheimererkrankung ist, wurde in 21 US-amerikanischen, spanischen und französischen Kliniken ermittelt. Dazu wurden Patienten mit diagnostizierter Alzheimerdemenz zur Teilnahme eingeladen.

Wirksamkeit des Amyloid-Antikörpers bei mild bis moderat betroffenen Demenzpatienten

Die Patienten erhielten zufällig entweder ein Placebo oder den Wirkstoff (in niedriger oder hoher Dosis; randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie). Im Doppelblind-Verfahren wussten weder sie noch die behandelnden Ärzte, welche Substanz dem jeweiligen Patienten verabreicht wurde. Die Behandlung wurde jeweils 68 Wochen lang durchgeführt.

Mit Hilfe des Mini-Mentalstatus-Tests (MMST) wurde ermittelt, wie stark die Patienten von der Erkrankung betroffen waren. Höhere Werte deuten dabei auf eine bessere Denkleistungen hin. Ab Werten über 20 bewertet man die Demenzerkrankung als mild. Als mild bis moderat betroffen galten Patienten mit MMST-Werten zwischen 18 und 26.

Vor Behandlungsbeginn und nach Ende der Behandlungsphase wurde die Amyloid-Menge im Gehirn mit dem bildgebenden Verfahren PET ermittelt. Zusätzlich wurden Anzeichen für die Erkrankung im Liquor (der Zerebrospinal- oder Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit) und einem weiteren bildgebenden Verfahren bestimmt. Mit Hilfe der ADAS-Cog-Skala (Veränderung der Denkleistung) und der CDR-Skala (Bewertung der Schwere der Demenz) wurde die Denkleistung der Patienten ein Monat nach Ende der Behandlung getestet und mit den Ergebnissen vor Behandlungsbeginn verglichen. Außerdem wurde die Sicherheit der Behandlung und mögliche Nebenwirkungen bestimmt.

Ermittlung von Anzeichen für die Alzheimerdemenz im Gehirn, Blut und Denkleistung

39 Teilnehmer erhielten entweder ein Placebo (13 Patienten) oder Crenezumab in niedriger Dosis (300 mg, 26 Patienten) alle zwei Wochen unter die Haut (subkutan) injiziert. 52 weitere Teilnehmer erhielten eine höhere Dosis des Mittels (15 mg/kg, 35 Patienten) oder ein Placebo (17 Patienten) alle vier Wochen intravenös.

Die vorrangig erhoffte Wirkung des Mittels blieb aus. Im bildgebenden Verfahren zeigte sich kein Vorteil der Behandlung mit Crenezumab gegenüber dem Placebo, weder mit der niedrigen, noch der hohen Dosierung. Die Krankheit schritt bei allen Betroffenen voran. Die Forscher verglichen dies mit einem weiteren Analyseverfahren, welches immerhin eine Tendenz zu einer langsameren Ansammlung der Plaques mit hoher Dosierung des Medikaments andeutete. Allerdings stieg bei sämtlichen Teilnehmern mit der Wirkstoffbehandlung im Vergleich zu Placebo und zum Vorbehandlungsmesswert die Menge an Betaamyloid in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit an. Typischerweise wird dies als Zeichen für steigende Krankheitsaktivität gewertet.

Bei Patienten mit noch milder Demenz (MMST 20-26), die mit der hohen Dosis behandelt wurden, fanden sich zudem Trends für geringere Verschlechterungen in den Denkleistungen im Vergleich zu den Patienten, die nur Placebo erhielten.

Mögliche Effekte bei noch kaum betroffenen Patienten

Die Ergebnisse dieser Studie passen also zu früheren Ergebnissen, die darauf deuten, dass Behandlungen vor allem bei Frühformen oder noch besonders mild Betroffenen helfen könnten. Trends in solchen Daten bedeuten allerdings grundsätzlich einen nicht klar messbaren Effekt – solche Unterschiede könnten also in einer weiteren Studie nicht zu finden sein. Manchmal deuten sich damit aber auch Effekte an, die man womöglich mit weiteren Untersuchungen bestätigen kann. Da die Verträglichkeit von Crenezumab gut war, kann auch die höherdosierte Behandlung bei Patienten in frühen Stadien der Erkrankung getestet werden. Dies wird aktuell in zwei neuen klinischen Studien (Phase 3-Studien BN29552 und BN29553) durchgeführt. Damit bleiben die Antikörper gegen das Betaamyloid weiterhin, trotz aller bisherigen Rückschläge, Hoffnungsträger im Kampf gegen die Alzheimerdemenz.

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