COVID-19 / Erkrankung

Spironolacton + Dexamethason bei COVID-19: Kürzer Sauerstoff, weniger D-Dimer

Original Titel:
Phase 2 randomised placebo-controlled trial of spironolactone and dexamethasone versus dexamethasone in COVID-19 hospitalised patients in Delhi

 
Kurz & fundiert
  • COVID-19: verstärkte Kortisol-Ausschüttung, veränderte Aktivität des Mineralkortikoid-Rezeptors
  • Blockade des Mineralkortikoid-Rezeptors durch Spironolacton zusätzlich zu Hemmung von Kortisol-Produktion?
  • Studie der Phase 2 mit 120 COVID-19-Patienten
  • Spironolacton + Dexamethason oder nur Dexamethason
  • D-Dimer und Aldosteron gesenkt
  • Weniger Tage mit Sauerstoffzufuhr mit Spironolacton
  • Zeit bis zur Erholung nicht signifikant gesenkt
  MedWiss – Die verstärkte Kortisol-Ausschüttung bei COVID-19 wird mittlerweile standardmäßig mit Dexamethason unterdrückt. Wissenschaftler vermuteten, dass der Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonist Spironolacton ergänzend zu Dexamethason zur schnelleren Erholung und geringerem Schweregrad von COVID-19 bei Patienten in klinischer Behandlung beitragen könnte. Eine Studie der Phase 2 mit 120 Patienten zeigte nun, dass mit dieser Behandlung D-Dimer und Aldosteron gesenkt werden konnten, und die Sauerstoffversorgung für kürzere Zeit notwendig war. Die Effekte von Spironolacton sollen in weiteren Studien geprüft werden.
Im Laufe der Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 kann es über eine Kaskade von Prozessen zu Änderungen der Aktivität des Mineralkortikoid-Rezeptors (auch Aldosteronrezeptor) kommen, wodurch dieser stärker durch Kortisol stimuliert wird. Infolge der Infektion ist der Kortisol-Level meist zusätzlich erhöht. Zusammen führt dies unter anderem zu erhöhtem Blutdruck, oxidativem Stress und vermehrten vaskulär-inflammatorischen Prozessen. Die verstärkte Kortisol-Ausschüttung bei COVID-19 wird mittlerweile standardmäßig mit Dexamethason unterdrückt. Spironolacton wird typischerweise gezielt als Antidiuretikum eingesetzt und ist ein Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonist, bremst also die Aktivität des Rezeptors. Wissenschaftler vermuteten daher, dass Spironolacton ergänzend zu Dexamethason der Kortisol-Kortisolrezeptor-Eskalation entgegenwirken und damit zur schnelleren Erholung und geringerem Schweregrad von COVID-19 bei Patienten in klinischer Behandlung beitragen könnte.

Blockade des Mineralkortikoid-Rezeptors durch Spironolacton eine Chance bei COVID-19?

In dieser randomisiert-kontrollierten Studie der Phase 2 untersuchten Wissenschaftler, ob eine Blockade des Mineralkortikoid-Rezeptors mit einer Kombination von Dexamethason und Spironolacton bei COVID-19 sicher ist und den Schweregrad der Erkrankung reduzieren kann. In die Studie wurden stationär behandelte COVID-19-Patienten aufgenommen. Die Teilnehmer erhielten zufällig eine niedrige Dosis oralen Spironolacton (50 mg an Tag 1, anschließend 25 mg täglich über 21 Tage) oder die Standardversorgung. Beide Gruppen erhielten zudem täglich Dexamethason (6 mg) über 10 Tage. Primär wurden die Zeit bis zur Erholung ermittelt (Tage bis zum Erreichen der WHO Ordinal Scale des COVID-19-Schweregrads bis Kategorie ≤ 3, entsprechend hospitalisiert, keine Sauerstofftherapie) sowie der Effekt von Spironolacton auf Aldosteron, D-Dimer, Angiotensin II und Von-Willebrand-Faktor (VWF). Speziell ein erhöhter D-Dimer-Wert ist mit einer erhöhten Sterblichkeit bei COVID-19 assoziiert und gilt als wichtiger prognostischer Indikator.

Studie der Phase 2 mit 120 COVID-19-Patienten

Insgesamt wurden 120 Patienten mit PCR-bestätigtem COVID-19 zwischen 1. Februar und 30. April 2021 in die Studie eingeschlossen. Die Spironolacton-Gruppe umfasste 74 Patienten, die Standard-Gruppe umfasste 46 Patienten. Die Zeit bis zur Erholung unterschied sich nicht signifikant zwischen beiden Behandlungsgruppen (Spironolacton: Median 4,5 Tage; Standard: Median 5,5 Tage; p = 0,055). Patienten mit Spironolacton wiesen jedoch an den Tagen 4 und 7 niedrigere D-Dimer-Spiegel auf. Zudem war der Aldosteron-Spiegel an Tag 7 niedriger im Vergleich zur Standardgruppe.
  • D-Dimer Tag 7:
    • Spironolacton: 1,15 µg/ml
    • Standard: 3,15 µg/ml
    • p = 0,0004
  • Aldosteron Tag 7:
    • Spironolacton: 6,8 ng/dl
    • Standard: 14,52 ng/dl
    • p = 0,0075
Beim Von-Willebrand-Faktor und Angiotensin-II-Spiegel konnten keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen festgestellt werden. Sekundär zeigte sich eine signifikant höhere Zahl an Tagen ohne zusätzliche Sauerstoffzufuhr in der Spironolacton-Gruppe. Die Patienten der Spironolacton-Gruppe erreichten auch früher den Zeitpunkt, an dem auf die ergänzende Sauerstoffversorgung verzichtet werden konnte. In der akuten Erkrankung unterschied sich nicht, wie ausgeprägt die Patienten an Husten litten, allerdings wies die Spironolacton-Gruppe niedrigere Husten-Scores an Tag 28 auf. Die Kortikosteroid-Spiegel beider Gruppen unterschieden sich nicht. Es gab keinen Anstieg unerwünschter Ereignisse bei Patienten mit Spironolacton.

Weniger Tage mit Sauerstoffzufuhr mit Spironolacton, D-Dimer niedriger

Eine niedrige Dosis von oralem Spironolacton zusätzlich zur Standardversorgung mit Dexamethason war demnach sicher und reduzierte die Spiegel von D-Dimer und Aldosteron bei stationär behandelten COVID-19-Patienten. Die Zeit bis zur Erholung reduzierte sich mit der zusätzlichen Behandlung nicht signifikant, jedoch konnte früher auf zusätzlichen Sauerstoff verzichtet werden. Weitere kontrollierte Studien sollten die Ergänzung mit Spironolacton weiterverfolgen.

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