Resilienz im Gesundheitswesen – Warum widerstandsfähige Strukturen Patientensicherheit bedeuten
131. Kongress der DGIM vom 3. bis 6. Mai 2025 in Wiesbaden
Wiesbaden – Rund 30 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland leiden unter psychischer Erschöpfung (1-3). Wie bleibt medizinisches Personal trotz hoher Arbeitsbelastung, komplexer Herausforderungen und ständigem Zeitdruck dennoch leistungsfähig? Welche Strategien helfen, um die psychische Widerstandskraft zu fördern? Der 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM), der in diesem Jahr unter dem Motto „Resilienz – sich und andere stärken“ steht, widmet sich diesen Fragen. Der Kongress bietet zahlreiche Fachvorträge mit praxisnahen Strategien zur Resilienzförderung in der Inneren Medizin. Auch die Eröffnungspressekonferenz, die am Samstag, 3. Mai 2025 stattfindet, beleuchtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven. Interessierte Medien können sich bereits jetzt dafür anmelden.
Internistinnen und Internisten tragen täglich eine hohe Verantwortung für die Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten. Neben komplexen Krankheitsbildern sind sie mit steigenden administrativen Anforderungen und einem oft herausfordernden Arbeitsumfeld konfrontiert. „Die Fähigkeit, auch unter hoher Belastung professionell zu handeln und gleichzeitig die eigene körperliche und mentale Gesundheit zu schützen, ist eine sehr wichtige Kompetenz in der Inneren Medizin“, sagt Kongresspräsident Professor Dr. med. Jan Galle, Direktor der Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren am Klinikum Lüdenscheid.
„Resilienz ist kein individuelles Nice-to-have, sondern systemrelevant“, betont auch Professor Dr. med. Imad Maatouk, Leiter des Schwerpunkts Psychosomatische Medizin am Universitätsklinikum Würzburg und Mitglied der Programmkommission Psychosomatik. „Ohne belastbare Ärztinnen und Ärzte leidet nicht nur die medizinische Versorgung, sondern auch die Patientensicherheit. Nur wer selbst nicht zusammenbricht, kann andere retten.“ Entscheidend sei die Fähigkeit, sich nach schwierigen Fällen mental zu regenerieren und die eigene psychische Gesundheit langfristig zu erhalten.
Klare Kommunikation und wertschätzende Feedbackkultur
Wie Menschen mit mentalen Herausforderungen umgehen, ist dabei auch eine Frage der Biologie. „Die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, hängt von einem Gleichgewicht bestimmter Hormone im Körper ab“, erklärt Maatouk. Beeinflusst werde es von der sogenannten HPA-Achse aus Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde, dem „Stresshormon“ Cortisol und dem dopaminergen System, so der Experte (4). Resiliente Menschen zeichnen vor allem zwei Eigenschaften aus: „Zum einen erholen sie sich nach stressigen Situationen körperlich sehr schnell, zum anderen bewerten sie Stresssituationen grundsätzlich positiv.“ Dennoch sei Resilienz keine rein individuelle Eigenschaft, sondern ein dynamischer Prozess. Im Arbeitsumfeld und gerade in der medizinischen Versorgung gebe es strukturelle Rahmenbedingungen, die die Fähigkeit zur Resilienz der Mitarbeitenden unterstützen können. „Klare Kommunikation, eine wertschätzende Feedbackkultur und interdisziplinäre Zusammenarbeit tragen dazu bei, die kollektive Resilienz im Gesundheitswesen zu stärken“, so der Psychosomatiker.
Systemische Ansätze zur Förderung von Resilienz
Entsprechend sieht der Experte das Gesundheitssystem selbst in der Verantwortung, Resilienz-fördernde Strukturen zu schaffen. Dazu gehören interdisziplinäre Teams und gezielte Fortbildungsangebote. „Resilienz lässt sich trainieren“, bestätigt Maatouk. Es gebe wissenschaftlich fundierte Methoden wie kognitiv-behaviorale und achtsamkeitsbasierte Ansätze, um die seelische Widerstandskraft zu stärken. Ein Resilienz-orientiertes Curriculum als Teil der Weiterbildung könne dazu beitragen, jungen Ärztinnen und Ärzten Handlungssicherheit und Belastbarkeit zu vermitteln. „Gute Kommunikation im klinischen Alltag trägt zudem entscheidend zur Vermeidung von Behandlungsfehlern bei“, so der Experte. Bis zu 80 Prozent der Behandlungsfehler seien auf mangelhafte Kommunikation zurückzuführen (5).
Resilienz in der Patientenversorgung
Doch nicht nur für Ärztinnen und Ärzte sei Resilienz eine wichtige Eigenschaft. Auch Patientinnen und Patienten profitierten davon, so Experte: „Resiliente Menschen zeigen eine bessere Anpassungsfähigkeit an schwere Erkrankungen, was sich positiv auf den Heilungsverlauf und die Lebensqualität auswirkt.“ Studien legen nahe, dass Resilienz fördernde Interventionen insbesondere bei chronischen Erkrankungen zu besseren Behandlungsergebnissen führen können (6).
Schlüsselkompetenz in der Inneren Medizin
„Resilienz ist eine Schlüsselkompetenz in der Inneren Medizin und muss auf individueller, teambezogener und systemischer Ebene gezielt gefördert werden“, betont Kongresspräsident Galle. „Wir brauchen eine Arbeitskultur, die nicht nur Leistung fordert, sondern auch Erholung und psychische Gesundheit systematisch unterstützt.“ Der DGIM Kongress 2025 bietet die Möglichkeit, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema zu diskutieren und konkrete Maßnahmen für den klinischen Alltag abzuleiten. Denn nur ein resilientes Gesundheitssystem kann langfristig eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung und die Gesundheit der Behandelnden sicherstellen.
Literatur und weiterführende Links:
(1) Grassi, L., & Magnani, K. (2000). Psychiatric morbidity and burnout in the medical profession: an Italian study of general practitioners and hospital physicians. Psychotherapy and psychosomatics, 69(6), 329-334.
(2) Helaß, M., Haag, G. M., Bankstahl, U. S., Gencer, D., & Maatouk, I. (2023). Burnout among German oncologists: a cross-sectional study in cooperation with the Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie Quality of Life Working Group. Journal of Cancer Research and Clinical Oncology,149(2), 765-777.
(3) Werdecker L, Esch T. Burnout, satisfaction and happiness among German general practitioners (GPs): A cross-sectional survey on health resources and stressors. PLoS One. 2021 Jun 18;16(6):e0253447. doi: 10.1371/journal.pone.0253447. PMID: 34143849; PMCID: PMC8213182.
(4) Agorastos A, Chrousos GP. The neuroendocrinology of stress: the stress-related continuum of chronic disease development. Mol Psychiatry. 2022;27:502–13.
(5) Hannawa AF, Jonitz G (2017), Neue Wege für die Patientensicherheit: Sichere Kommunikation. Evidenzbasierte Kernkompetenzen mit Fallbeispielen aus der medizinischen Praxis. Berlin/Boston: Walter de Gruyter
(6) Ye, Z. et al (2017). Predicting changes in quality of life and emotional distress in Chinese patients with lung, gastric, and colon‐rectal cancer diagnoses: the role of psychological resilience. Psycho‐oncology, 26(6), 829-835.
(7) Reinhardt, F., Tesarz, J., & Maatouk, I. (2025). Resilienz als integraler Bestandteil der internistischen Handlungskompetenz. Die Innere Medizin, 1-7.
Eröffnungs-Pressekonferenz der DGIM
Resilienz – sich und andere stärken
Termin: Samstag, 3. Mai 2025, 12:00 bis 13:00 Uhr
Vor Ort und hybrid, RMCC Wiesbaden
Online-Teilnahme unter: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_nJobCN99TEOPs03cZHJjfg#/registration
Themen und Referierende:
Resilienz – sich und andere stärken
Professor Dr. med. Jan Galle Vorsitzender der DGIM 2024/2025 und Präsident des 131. Internistenkongresses, Direktor der Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren, Klinikum Lüdenscheid
Stressoren gelassen begegnen: Resilienz als Grundpfeiler der internistischen Handlungskompetenz
Professor Dr. med. Imad Maatouk, Schwerpunktleiter Psychosomatische Medizin, Uniklinikum Würzburg
Medizin in Krisengebieten: Überleben in humanitären Extremsituationen
Dr. med. Tankred Stöbe, Internist, Rettungsmediziner und Buchautor, ehemaliger Präsident von „Ärzte ohne Grenzen e. V.“ in Deutschland
Herausforderung Hitze: Strategien für eine widerstandsfähige Gesellschaft aus ärztlicher Sicht
Dr. med. Martin Herrmann, Mitgründer und Vorsitzender von KLUG e. V. (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit)
Aus der Krankheit in den Spitzensport: Rückschläge im Leben als Chance begreifen
Franziska Liebhardt, 3-fach organtransplantierte Paralympics-Siegerin und Vorsitzende des Vereins Kinderhilfe Organtransplantation – Sportler für Organspende e. V. (KiO)
Von der Digitalisierung bis zur KI: Erwartungen der nächsten Ärztegeneration an ein modernes Gesundheitswesen
Dr. med. Christian Becker, Sprecher der JUNGEN DGIM und Facharzt für Kardiologie am Universitätsklinikum Göttingen
Ausgewählte Vorträge zum Thema Resilienz während des Kongresses:
Samstag, 3. Mai 2025:
9:00 – 10:15 Uhr: Resilienz und Gesundheit in der Praxis Saal 1 (hybrid), Hauptsitzung
10:45 – 12:00 Uhr: Resilienz – das Must-have im Arztberuf Saal 1 (hybrid), Forum der JUNGEN DGIM
14:45 – 16:00 Uhr: Umgang mit Belastungen bei Mitarbeitenden im Gesundheitswesen Saal 8 (Präsenz), Trillium 2025: Drei Fachgebiete, ein Thema
14:45 – 16:00 Uhr: Resilienz im Blick auf die planetare Gesundheitskrise Saal 13 (hybrid), KLUG e. V.
Sonntag, 4. Mai 2025:
8:00 – 9:15 Uhr: Klimaresilienz – Traum oder Wirklichkeit? Saal 4 (Präsenz), Klinisches Symposium
Plenarsitzung:
13:00 – 14:30 Uhr: Resilienz in der Medizin – Strategien für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung Saal 1 (hybrid); Plenarvortrag mit anschließender Panel-Diskussion
14:45 – 16:00 Uhr: Resilienz und Leistungsfähigkeit im Gesundheitswesen Saal 1 (hybrid), Hauptsitzung
Montag, 5. Mai 2025:
9:00 – 10:15 Uhr: Psychologische Kurzintervention für die hausärztliche Praxis Saal 8 (Präsenz)
16.30 – 18:15 Uhr: Resilienz – Patienten-Empowerment bei CED und funktionellen GI-Beschwerden Saal 1 (hybrid), Hauptsitzung
Dienstag, 6. Mai 2025:
9:00 – 10:15 Uhr: Resilienz fördernde Interventionen in der Onkologie Saal 6 (hybrid). Trillium 2025: Drei Fachgebiete, ein Thema
9:00 – 10:15 Uhr: Resilienz im Berufsleben Saal 4 (Präsenz)
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