Endometriose: Skelettmuskel- und Gelenkschmerzen möglich

Original Titel:
Endometriosis of the skeletal muscular system (ESMS): a systematic review.

 
Kurz & fundiert
  • Endometriose kann auch außerhalb des Beckens auftreten
  • Systematischer Review über 62 Studien mit insgesamt 78 Patientinnen
  • Nur bei jeder 3. Patientin Ersttermin bei Gynäkologen
  • Endometriose-Herde: Bauchmuskulatur (50,7 %), Beckenboden-Muskulatur (11,6 %), untere Gliedmaße (11,6 %), Hüftmuskulatur (8,7 %), Muskulatur des unteren Rückens (Regio lumbalis, 7,2 %)
  • Seltener Gelenke, obere Gliedmaße oder Schulter/Nacken betroffen
  • 76,8 % der lokalen Symptome in Zusammenhang mit Menstruationszyklus
  • Typischerweise operative Resektion, bei jeder 5. Frau anschließend hormonelle Therapie
  • Meist gute Prognose
  • An Endometriose denken: bei katamenialen Schmerzen oder Massen im muskuloskelettalen System
  MedWiss Ein systematischer Review berichtete 62 Studien mit 78 Patientinnen mit Endometriose im Skelettmuskelsystem. Zu Erstvorstellungen in der Gynäkologie kam es nur bei jeder 3. Patientin. Heterogene Lokalisationen und Symptome verzögerten Diagnose und korrekte Behandlung häufig, mit Organschäden in wenigen Fällen, aber meist guter Prognose nach operativer Resektion und teils folgender Hormontherapie. Die Autoren schließen, dass bei katamenialen Schmerzen oder Massen im muskuloskelettalen System immer auch an Endometriose gedacht werden solle.
Endometriose wird mit starken Blutungen und Menstruationsschmerzen im Beckenbereich assoziiert. Endometriose-Herde können jedoch auch außerhalb des Beckens auftreten. Tatsächlich sind Endometriose-Herde in Skelettmuskeln oder Gelenken außerhalb des Beckens keine Seltenheit, berichten Autoren eines systematischen Reviews. Jedoch kommt es in diesen Fällen häufig verzögert zur Diagnose und eher zu Fehlbehandlungen.

Endometriose kann auch außerhalb des Beckens auftreten

Wissenschaftler fassten nun in ihrem systematischen Review Daten zur Endometriose im Skelettmuskelsystem zusammen, um frühere Diagnosen und Behandlungen zu fördern. Der systematische Review basierte auf in den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken OVID Medline und Web of Science ermittelten Studien, die bis März 2022 veröffentlicht wurden.

Systematischer Review über 62 Studien mit insgesamt 78 Patientinnen

Insgesamt ermittelten die Autoren 62 Studien mit zusammen 78 Patientinnen mit Endometriose im Skelettmuskelsystem. Die Patientinnen waren im Schnitt 34,0 Jahre alt (+/- 7,2 Jahre, zwischen 17 und 49 Jahren). Die Symptome außerhalb des Beckens waren seit zwischen 0,5 und 96 Monaten ein Problem, im Mittel litten die Patientinnen seit 29,6 Monaten darunter (+/- 25,4 Monate). Die Endometriose-Herde traten bei der Hälfte der Patientinnen in der Bauchmuskulatur auf (50,7 %). Etwa jede 10. Patientin wies Herde in der Beckenboden-Muskulatur (11,6 %), in Muskeln der unteren Gliedmaße (11,6 %), Hüftmuskulatur (8,7 %) oder der Muskulatur des unteren Rückens (Regio lumbalis, 7,2 %) auf. Gelenke (5,8 %), Muskeln der oberen Gliedmaße (2,9 %) und Muskeln im Schulter-Nacken-Bereich (1,4 %) waren seltener betroffen. Etwa 63,8 % der Betroffenen hatten zumindest eine vorhergehende Operation im Beckenbereich. Dreiviertel (76,8 %) der lokalen Symptome standen in Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus. Bei der Hälfte der Frauen (53,6 %) traten lokale Schmerzen auf, jede dritte Frau hatte schmerzende Beulen (31,9 %). Bei nur 7,2 % waren schmerzlose Beulen, bei 5,8 % lokale Schwellungen feststellbar. Symptome konnten mit oder ohne Ausstrahlen in ein nahes Gliedmaß und sowohl mit als auch ohne Einschränkung einer Funktion auftreten. Nur jede dritte Patientin (30,3 %, 20/66 mit entsprechender Information) suchte wegen ihrer Symptome zuerst eine gynäkologische Praxis auf. Eine diagnostische Biopsie (Feinnadelaspirationsbiopsie) wurde bei 27 Patientinnen unter Ultraschall- oder CT-Monitoring durchgeführt. Eine Bestätigung der Endometriose erbrachten nur 44,4 % (12/27) der Biopsien. Bei etwa der Hälfte der Patientinnen (47,4 %; 37/78) erschien der Beckenraum normal. Operative Resektion wurde bei 92,3 % der Patientinnen (72/78) durchgeführt, davon eine vollständige Resektion bei 88,9 % (64/72). Jede 5. Patientin (20,8 %; 15/72) erhielt postoperativ eine hormonelle Behandlung. In der Nachbeobachtung nach im Mittel 16,7 Monaten (zwischen 2 – 72 Monate) sprachen 83,3 % der Patientinnen vollständig auf ihre Behandlung an, 13,8 % zeigten ein partielles Ansprechen. Bei 2,9 % kam es zur erneuten Bildung eines Endometriose-Herdes. Bei 4 Patientinnen wurde eine permanente Funktionsbeeinträchtigung berichtet.

Bei katamenialen Schmerzen oder Massen im muskuloskelettalen System an Endometriose denken

Endometriose im Skelettmuskelsystem, besonders außerhalb des Beckenbereichs, zeigt sich demnach häufig mit atypischen, heterogenen Symptomen aufgrund der vielfältigen möglichen Lokalisationen. Zur Diagnose kommt es oft mit starker Verzögerung, zeigte die Studienübersicht. Wenn eine Diagnose nicht zeitnah erfolgt, kann es in manchen Fällen auch zu Organfunktionsschäden kommen, berichten die Autoren und betonen, dass bei Frauen im reproduktiven Alter bei katamenialen Schmerzen oder Massen im muskuloskelettalen System immer auch ein Verdacht auf Endometriose aufkommen sollte. Die Fähigkeit der Feinnadelaspirationsbiopsie, Endometriose zu entdecken, solle jedoch nicht überschätzt werden. Die operative Resektion der Endometriose-Herde, bei jeder 5. Patientin mit folgender hormoneller Therapie, so das Fazit der Fallberichte-Betrachtung, erreichte häufig gute Erfolge, mit meist guter Prognose.

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