Begleiterkrankungen und Risikofaktoren bei MS

Original Titel:
Multiple sclerosis in the elderly: a retrospective cohort study

MedWiss – Die Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch gewandelt. Eine frühere Diagnose, raschere Behandlung und neue Wirkstoffe sind Faktoren, die Betroffenen ein längeres Leben mit geringerer Beeinträchtigung ermöglichen. Gleichzeitig hat sich das Verständnis für die Bedürfnisse von MS-Patienten weiterentwickelt: Ein zunehmendes Alter und mögliche Begleiterkrankungen nehmen mittlerweile größere Rollen in der Therapie ein.

Welche Rolle spielen Begleiterkrankungen bei MS?

Die häufigste Begleiterkrankung von MS, die möglichst früh erkannt und behandelt werden sollte, ist die Depression, dies zeigte eine aktuelle Analyse deutscher Patienten. Besonders oft waren hiervon Personen mit sekundär-progressiver MS (SPMS, 44 %) betroffen.1 Aber auch etwa jeder 3. Patient mit schubförmig-remittierender MS (RRMS, 35 %) oder primär-progressiver MS (PPMS, 37 %) litt an depressiven Symptomen. Eine österreichische Studie bestätigte diese Zahlen anhand von 1 200 Personen mit MS ab 55 Jahren, von denen 31 % der Männer und 39 % der Frauen mit Antipsychotika oder Antidepressiva behandelt wurden.2 Auch das metabolische Syndrom (MetS) ist häufig und betrifft etwa jeden 4. Menschen (27 %) mit MS.3 MetS umfasst mehrere gesundheitliche Probleme: Zentral sind Adipositas, speziell in der Bauchregion (abdominelle Adipositas), Insulinresistenz, ein gestörter Fettstoffwechsel (mit erhöhten Blutfettwerten) und Bluthochdruck. Diese vier Faktoren tragen auch zu den chronischen Entzündungsprozessen im Körper bei und können so nachteilig in den Krankheitsverlauf der MS eingreifen. Eine neue Studie mit 84 Patienten berichtete, dass Menschen mit sekundär-progressiver MS häufiger an MetS litten. Zudem hatten Personen mit MetS ein höheres Risiko, dass sich ihr Behinderungsgrad (EDSS) über einen Zeitraum von 3 Jahren verschlechterte, unabhängig von der Krankheitsaktivität.3 Eine hohe Rate an Stoffwechselstörungen sowie die chronischen Entzündungsprozesse der MS können aber auch das Risiko für weitere, beispielsweise kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen.2 Eine effektive Therapie auch zur Vorbeugung häufiger Komorbiditäten ist daher wichtig. Kommen immunsupprimierende Wirkstoffe bei der MS zum Einsatz, kann dies zu einer höheren Rate infektiöser Erkrankungen führen. Eine Analyse in Deutschland fand, dass besonders oft bakterielle oder parasitische Infektionen (2,3 pro 100 Personenjahre) oder Infektionen des Harn- und Geschlechtsbereichs (1,9 pro 100 Personenjahre) auftraten. Atemwegsinfekte hingegen kamen bei MS-Patienten (2,0 pro 100 Patientenjahre) und Patienten ohne MS (1,5 pro 100 Patientenjahre) ähnlich häufig vor.4 In solchen Fällen kann eine Therapieanpassung auf eine immunmodulatorische Behandlung statt der Immunsuppression eine Option darstellen.

Übergewicht beschleunigt MS-Entwicklung bei klinisch isoliertem Syndrom

Das Körpergewicht spielt demnach eine Rolle sowohl bei der Entwicklung einer MS nach Auftreten eines ersten klinischen Schubs als auch im weiteren Verlauf der Erkrankung. Überschüssige Pfunde zu verlieren, könnte demnach bei der MS eine Möglichkeit darstellen, aktiv auf die Erkrankung einzuwirken.

Zusammenarbeit zwischen Patienten und allen Behandlern von zentraler Bedeutung

Die Behandlung bei Multipler Sklerose involviert demnach häufig eine Reihe verschiedener Fachrichtungen. Wichtig ist dabei vor allem die gute Zusammenarbeit zwischen Patienten und allen Behandlern – werden Risikofaktoren im Blick behalten und Begleiterkrankungen, auch mit Hilfe einer optimalen Therapie, weitgehend vermieden, unterstützt dies ein gutes Leben trotz MS.   Weitere Informationen zur MS finden Sie unter https://www.ms-gateway.de/   Mit freundlicher Unterstützung der Bayer Vital GmbH   Referenzen: 1: Engelhard J, Oleske DM, Schmitting S, Wells KE, Talapala S, Barbato LM. Multiple sclerosis by phenotype in Germany. Mult Scler Relat Disord. 2022 Jan;57:103326. doi: 10.1016/j.msard.2021.103326. Epub 2021 Oct 10. PMID: 35158442. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35158442/ 2: Zinganell A, Göbel G, Berek K, Hofer B, Asenbaum-Nan S, Barang M, Böck K, Bsteh C, Bsteh G, Eger S, Eggers C, Fertl E, Joldic D, Khalil M, Langenscheidt D, Komposch M, Kornek B, Kraus J, Krendl R, Rauschka H, Sellner J, Auer M, Hegen H, Pauli FD, Deisenhammer F. Multiple sclerosis in the elderly: a retrospective cohort study. J Neurol. 2024 Feb;271(2):674-687. doi: 10.1007/s00415-023-12041-1. Epub 2023 Oct 19. PMID: 37855871. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37855871/ 3: Gauthier H, Zedet M, Wahab A, Baldé S, Bapst B, Lafont C, Créange A. Metabolic syndrome and the phenotype of multiple sclerosis. Rev Neurol (Paris). 2024 May 9:S0035-3787(24)00502-2. doi: 10.1016/j.neurol.2024.03.009. Epub ahead of print. PMID: 38729781. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38729781/ 4: Knapp R, Hardtstock F, Wilke T, Maywald U, Chognot C, Craveiro L, Rouzic EM. Comparing the risk of serious infections in patients with and without MS: A German claims data analysis. Mult Scler Relat Disord. 2023 Apr;72:104583. doi: 10.1016/j.msard.2023.104583. Epub 2023 Feb 21. PMID: 36905817. https://doi.org/10.1016/j.msard.2023.104583  

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